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MARS
Sorgten Lavaströme für Talsysteme?
von Stefan Deiters
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12. Mai 2014

Auf unserem Nachbarplaneten Mars gibt es zahlreiche eindrucksvolle Täler und mit den Valles Marineris ein Talsystem, gegen das der Grand Canyon in den USA niedlich wirkt. Ein Wissenschaftler der ETH Zürich liefert nun eine neue Hypothese für die Entstehung dieser Strukturen: Nicht Wassermassen oder tektonische Ereignisse hätten diese Täler geformt, sondern gewaltige Lavaströme.

Mars

Der Planet Mars in einer Aufnahme, die aus Bildern des Viking-Orbiter 1 zusammengestellt wurde. Im Zentrum das über 3.000 Kilometer lange und bis zu acht Kilometer tiefe Talsystem Valles Marineris. Bild: NASA / USGS  [Großansicht]

Die Landschaft auf dem Mars ist beeindruckend: Die Bilder von Sonden im Orbit des Roten Planeten zeigen Strukturen, die oft Ausmaße erreichen, die wir auf der Erde nicht kennen: So stellt beispielsweise das Talsystem Valles Marineris den schon eindrucksvollen Grand Canyon in den USA problemlos in den Schatten.

Wie jedoch die Valles Marineris, also die Mariner-Täler, entstanden sind, ist den Marsforschern noch immer nicht klar: Eine Theorie macht tektonische Spannungen für die Entstehung verantwortlich, die für ein Aufbrechen der Marskruste an dieser Stelle sorgten. Alternativ könnte aber auch Wasser bei der Bildung der Valles Marineris eine Rolle gespielt haben, etwa indem dadurch Gesteinsmassen im Untergrund ausgewaschen wurden, was zu einem Einbrechen der Oberfläche geführt hat.

Jetzt hat Giovanni Leone, der an der angesehenen Eidgenössische Technische Hochschule Zürich am Institut für Geophysik forscht und sich mit Vulkanismus beschäftigt, eine weitere mögliche Erklärung für die Entstehung dieser Oberflächenstrukturen auf dem Mars vorgestellt: Nach seiner Ansicht hätten nur Lavaflüsse die Kraft und die Masse gehabt, um so gewaltige Schluchten entstehen zu lassen.

Leone hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit den zahlreichen detaillierten Bildern beschäftigt, die Marssonden von Teilbereichen der Valles Marineris zur Erde gesandt hatten. Nach Auswertung dieses Materials bestand für den Forscher kein Zweifel: "Alles, was ich darauf erkannte, waren Strukturen von Lava, wie wir sie von der Erde her kennen. Die typischen Anzeichen von durch Wasser verursachter Erosion konnte ich auf keinem der Bilder sehen." Eine untergeordnete Rolle des Wassers, etwa bei der Entstehung gewisser Detailstrukturen, will Leone jedoch nicht ausschließen.

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Der Forscher hat den Ursprung der Lavaströme in der Vulkanregion Tharsis ausgemacht. Zuerst hätten sich dabei Lavatunnel gebildet, deren Decken teilweise eingestürzt seien, nachdem der Druck nach einer Eruption nachgelassen hatte. Solche teilweise eingestürzten Lavatunnel lassen sich auf Bildern von der Marsoberfläche deutlich erkennen.

Wenn es nun erneut zu einem Lavafluss kommt, werden die noch verbliebenen Decken ganz eingerissen und es bildet sich ein immer breiteres Tal. "Je mehr Lava floss, desto breiter wurde der Canyon", so Leone. Sein Modell, so der Forscher, könne die Entstehung der Talsysteme auch besser erklären, als etwa die Tektonik-Theorie, was auch Höhenmessungen in den entsprechenden Regionen bestätigen würden. "Auf dem Mars gibt es weder wandernde Platten noch Subduktionszonen", gibt Leone zudem zu bedenken.

Mit seiner These, so heißt es auf der Webseite der ETH Zürich medienwirksam, "schwimmt der Italiener gegen den Strom" und "stößt womöglich ein Dogma um". Leone spricht zudem von einem "Tunnelblick auf den Roten Planeten" und einem "Mainstream der Marsforschung", der alternativen Theorien zur Entstehung des großen Talsystems bislang zu wenig Beachtung geschenkt hätte.

Seine These, dass nicht Wasser, sondern Lava für die Entstehung der Valles Marineris verantwortlich ist, führt Leone auch zu weiteren Schlussfolgerungen: "Nimmt man an, dass Lava das Labyrinthus Noctis und das Valles Marineris bildete, dann gab es auf dem Mars wohl immer viel weniger Wasser, als die Forschungsgemeinde angenommen hat", so der Wissenschaftler.

Unerwähnt bleibt dabei jedoch, dass die meisten Marsforscher schon seit einigen Jahren nicht mehr davon ausgehen, dass die Valles Marineris durch die Erosion gewaltiger Wassermassen entstanden sind, sondern ein tektonisches Erklärungsmodell favorisieren. Die Marsforschung ist somit offenbar nicht ganz so auf eine Theorie fixiert, wie der Begriff "Tunnelblick" suggeriert.

So hält es auch Leone für möglich, dass er falsch liegt: "Aber die Wissenschaft könne nur vorwärts kommen, wenn auch andere Denkmodelle betrachtet werden," so wird er auf der Webseite zitiert. "Ich erwarte nun eine heftige Debatte. Aber meine Evidenz ist stark." Seine Resultate veröffentlichte der Wissenschaftler in der Zeitschrift Journal of Volcanology and Geothermal Research.

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siehe auch
Mars Reconnaissance Orbiter: Salzwasser an Hängen am Äquator? - 11. Dezember 2013
Mars: Das rätselhafte Canyonsystem der Valles Marineris - 29. Juni 2005
Mission Mars - die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten
Links im WWW
ETH Zürich
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