NASA schränkt Kontakte zu Russland ein
von Stefan Deiters astronews.com
3. April 2014
Die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA hat auf Anweisung
der US-Regierung die Kontakte zu russischen Regierungsvertretern und offiziellen
Einrichtungen ausgesetzt. Grund dafür sind die Ereignisse in der Ukraine.
Ausdrücklich ausgenommen sind jedoch alle Kontakte, die dem Betrieb der
Internationalen Raumstation ISS dienen.
Noch ist der
Betrieb der ISS nicht in Gefahr.
Foto: NASA |
Die Krise im Verhältnis der westlichen Nationen mit Russland nach den
Ereignissen in der Ukraine hat inzwischen auch Auswirkungen auf die Raumfahrt:
Gestern wurde ein internes Memo aus dem NASA-Hauptquartier bekannt, in dem die
Mitarbeiter darüber informiert werden, dass auf Anordnung der US-Regierung
"wegen der anhaltenden Verletzungen der Souveränität der Ukraine durch Russland"
sämtliche Kontakte zu Vertretern der russischen Regierung zunächst zu
unterbleiben haben.
Dies betrifft beispielsweise Besuche von NASA-Vertretern in Russland,
Besichtigungen von NASA-Einrichtungen durch russische Offizielle, aber auch
E-Mail-Verkehr sowie bilaterale Konferenzen, ganz gleich ob persönlich, per
Telefon oder Videoverbindung. An internationalen Konferenzen, die außerhalb
Russlands stattfinden, können NASA-Mitarbeiter aber weiterhin teilnehmen, auch
wenn sie dabei auf russische Vertreter treffen könnten.
Ausgenommen von diesen Einschränkungen sind bislang alle Kontakte, die den
Betrieb der Internationalen Raumstation ISS betreffen. Hierbei ist eine enge
Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Partnern erforderlich, insbesondere
zwischen den USA und Russland. So nutzen auch russische ISS-Segmente Teile der
amerikanischen Infrastruktur an Bord der ISS oder beispielsweise
US-Kommunikationssatelliten.
Die Abhängigkeit der USA von Russland dürfte aber gegenwärtig größer sein,
können doch nach Außerdienststellung der Shuttle-Flotte Astronauten aktuell nur
mit Sojus-Raumschiffen zur ISS befördert werden. Die NASA hat bei der
russischen Raumfahrtbehörde in den nächsten Jahren entsprechende Kapazitäten
gebucht und überweist pro Person über 70 Millionen US-Dollar nach Russland.
Die NASA hatte sich vor einigen Jahren entschieden, selbst keinen
Space-Shuttle-Ersatz zu entwickeln, sondern es der amerikanischen Industrie zu
überlassen, entsprechende Angebote bereitzustellen. Die Raumfahrtbehörde
unterstützt diese Bemühungen im Rahmen spezieller Förderprogramme. Der erste
bemannte Flug, der von amerikanischen Boden aus wieder zur ISS startet, wird
allerdings nicht vor 2017 erwartet, so dass man noch für mindestens drei Jahre
auf russische Transportleistungen angewiesen sein wird.
Für die NASA ist die Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und
Russland auch ein willkommener Anlass, für eine bessere Finanzierung zu werben:
In einer Stellungnahme der Raumfahrtbehörde zum Kontaktstopp mit Russland heißt
es: "Die Wiederherstellung der Möglichkeit, Astronauten von amerikanischem Boden
aus ins All zu bringen, war eine der wichtigsten Prioritäten der Obama-Regierung
in den vergangenen fünf Jahren. Wären die Geldmittel für diese Vorhaben vom
Kongress vollständig bewilligt worden, hätten wir schon ab dem kommenden Jahr
wieder entsprechende Starts durchführen können."
Mit dem reduzierten Budget hoffe man nun im Jahr 2017 wieder Astronauten starten
zu können. Das Statement richtet sich am Ende direkt an die beiden Kammern des
US-Parlaments: "Die Wahl ist klar: Entweder die volle Förderung, um diese Starts
wieder nach Amerika zu bringen oder weiterhin Millionen von Dollar an die Russen
überweisen. So einfach ist das. Die Obama-Regierung ist entschlossen, in Amerika
zu investieren - und wir hoffen, dass der Kongress das gleiche tun wird."
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