Zerfall eines Asteroiden beobachtet
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
6. März 2014
Astronomen ist es gelungen, den fortschreitenden Zerfall
eines Asteroiden in zahlreiche kleinere Bruchstücke zu beobachten. Dabei dürfte
der erst im September des vergangenen Jahres entdeckte Brocken P/2013 R3 nicht
etwa in eine Kollision verwickelt gewesen sein: Er brach vermutlich auseinander, weil er
sich zu schnell gedreht hat.
Als Asteroid P/2013 R3 Ende September 2013 entdeckt wurde, existierte er
streng genommen schon nicht mehr. Das legen Beobachtungen aus den Folgemonaten
nahe, die ein Forscherteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für
Sonnensystemforschung (MPS) jetzt ausgewertet hat. Bereits zuvor muss der
Asteroid begonnen haben auseinanderzubrechen. Die Staubwolke, die dabei
entstand, verstellte den meisten erdgebundenen Teleskopen die Sicht auf die
kleineren Bruchstücke.
Mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble ist es den Forschern
gelungen, den fortschreitenden Zerfall über Monate zu dokumentieren und
rückblickend zu rekonstruieren. P/2013 R3 ist damit der erste bekannte Asteroid,
der auseinander gebrochen ist, ohne vorher mit einem anderen Körper
zusammengestoßen zu sein. Dem kosmischen Brocken wurde wahrscheinlich seine
zunehmende Drehgeschwindigkeit zum Verhängnis.
Asteroiden fristen im Allgemeinen ein eher eintöniges Dasein. Anders als etwa
Kometen, die auf ihrem Weg in Richtung Sonne bisweilen starken
Temperaturschwankungen oder Gezeitenkräften ausgesetzt sind, ziehen die
kosmischen Brocken zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter unter recht
gleichbleibenden Bedingungen ihre Bahnen.
Während zahlreiche Kometen bekannt sind, die auf ihrer Reise in mehrere Teile
zerbrachen, gelten Asteroiden hingegen deshalb als recht stabil. Der im
September vergangenen Jahres entdeckte Körper P/2013 R3 scheint diesen
Erfahrungswert nun auf die Probe zu stellen. Die Aufnahmen, die dem Forscherteam
um David Jewitt von der University of California zwischen Anfang
Oktober 2013 und Mitte Januar 2014 mit Hilfe des Keck-Teleskops auf
Mauna Kea in Hawaii und des Weltraumteleskops Hubble gelangen, lassen
eine zunehmende Anzahl von Bruchstücken erkennen. Zum Schluss sind es mindestens
zehn, von denen die größten einen Durchmesser von etwa 400 Metern haben.
Besonders bizarr: Langgestreckte Staubschweife zieren die einzelnen
Fragmente. Bei genauem Hinsehen mutet P/2013 R3 an wie ein Schwarm von Kometen.
Die Forscher zählen den ungewöhnlichen Körper deshalb zu den sogenannten aktiven
Asteroiden, eine Art Zwitter zwischen Asteroid und Komet. Diese Körper kreisen
zwar innerhalb des Asteroidengürtels um die Sonne, setzen jedoch wie Kometen
Staub frei. Die Ursache für dieses Verhalten ist in den meisten Fällen
unbekannt.
Im Fall von P/2013 R3 konnten die Forscher nun im Ausschlussverfahren eine
Erklärung finden. Aus ihren Aufnahmen rekonstruierten sie den genauen Hergang
des Zerfalls. "Die einzelnen Bruchstücke driften mit einer durchschnittlichen
Geschwindigkeit von gerade einmal 1,5 Kilometern pro Stunde auseinander", fasst
Jessica Agarwal vom MPS eines der Ergebnisse zusammen. Neben dem schrittweisen
Auseinanderbrechen spreche auch diese ausgesprochen niedrige Geschwindigkeit
gegen eine Kollision. Nach heftigen Zusammenstößen fliegen die verbleibenden
Trümmer meist mit hohen und sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten
auseinander.
Auch dass im Innern des Asteroiden - wie von Kometen bekannt - gefrorene Gase
verdampft seien und den Körper so von innen gesprengt hätten, schließen die
Forscher aus. Dafür sei es im Asteroidengürtel zu kalt. Die Daten der Forscher
enthalten zudem keinerlei Hinweis auf einen nennenswerten Ausstoß von Gasen.
"Die einzige mögliche Erklärung liefert der Strahlungsdruck der Sonne", so
Agarwal. Da das Sonnenlicht unter verschiedenen Winkeln auf die Oberfläche des
unregelmäßig geformten Körpers auftrifft, ergibt sich unterm Strich ein
Drehmoment. Wissenschaftler bezeichnen dies als YORP-Effekt.
Die Rotation des Asteroiden um die eigene Achse kann so im Laufe von
Millionen von Jahren immer schneller werden, bis die Fliehkraft den Körper nach
und nach förmlich auseinander reißt. Kleinere Bruchstücke und Staub, der dabei
freigesetzt wird, speisen die auffälligen Schweife. Im vergangenen Jahr hatten
die Forscher bereits einen weiteren Körper entdeckt, dessen Gestalt der
YORP-Effekt bestimmt: Der aktive Asteroid P/2013 P5 verlor immer wieder Material
ins All. Teleskopaufnahmen zeigen ihn umgeben von gleich mehreren ausgeprägten
Staubschweifen.
"Warum der eine Körper nur eine überschaubare Menge an Staub verliert, der
andere aber völlig auseinanderbricht, ist noch unklar", so Agarwal. Sehr
wahrscheinlich ist, dass der innere Aufbau eine entscheidende Rolle spielt.
"Seit einigen Jahren mehren sich die Hinweise, dass einige Asteroiden nicht
kosmischen Felsbrocken gleichen, sondern sich eher als eine Art lockerer
Schutthaufen beschreiben lassen", so die Physikerin. Die neuen Ergebnisse
sprechen dafür, dass dies auch auf den neu entdeckten Körper P/2013 R3 zutrifft.
"Der YORP-Effekt könnte uns helfen, in Zukunft mehr über den Aufbau der
Asteroiden zu erfahren", fügt sie hinzu.
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