Start frei für die Scheiben-Detektive
von Stefan Deiters astronews.com
31. Januar 2014
Die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA hat zusammen
mit der Plattform Zooniverse ein neues Bürgerwissenschafts-Projekt ins
Leben gerufen: Bei dem Projekt Disk Detective geht es darum, auf
Aufnahmen des Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE) potentielle
Entstehungsorte von neuen Planeten zu finden. Eine entsprechende Webseite wurde
jetzt freigeschaltet.
Herbig-Haro 30, hier in einer Aufnahme des
Weltraumteleskops Hubble, ist ein Beispiel für
ein junges stellares Objekt mit einer gasreichen
dunklen Scheibe.
Bild: NASA/Hubble/STScI |
"Bei Disk Detective können Freiwillige die Astronomen bei der
Entdeckung von neuen planetaren Kinderstuben unterstützen, die in Zukunft
vielleicht vom Weltraumteleskop Hubble oder dessen Nachfolger, dem
James Webb Space Telescope, genauer untersucht werden", erläutert James
Garvin von der NASA. Dazu sollen Interessierte an ihren Computerbildschirmen
Aufnahmen des Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE) in Augenschein
nehmen. Das Teleskop hat in den Jahren 2010 und 2011 den gesamten Himmel im
Infraroten erfasst und dabei Messungen von über 745 Millionen Objekten gemacht.
Mithilfe von Computern haben Astronomen dieses Datenmaterial nun durchforstet
und so rund eine halbe Million Objekte identifiziert, die auf
charakteristische Weise sehr hell im Infraroten leuchten. Es könnte sich dabei
um Staubscheiben um eine gerade entstandene Sonne handeln, die die Strahlung des
Sterns absorbieren und dann im Infraroten wieder aussenden.
"Planeten entstehen und wachsen in Scheiben aus Gas, Staub und Eispartikeln,
doch wissen wir noch sehr wenig über die genauen Details dieses Prozesses",
erklärt Marc Kuchner vom Goddard Space Flight Center der NASA. "Wir
brauchen einfach mehr Beispiele für die Entstehung von Planeten, um besser
verstehen zu können, wie sie wachsen und heranreifen."
Das Problem dabei ist, dass auch Galaxien, interstellarer Staub oder auch
Asteroiden im Infraroten leuchten und sich nicht immer so ohne Weiteres von
planetaren Kinderstuben unterscheiden lassen. Um also die vermutlich zahlreichen
gerade entstehenden Planetensysteme in den WISE-Daten zu finden, muss man alle
infrage kommenden Objekte einzeln anschauen und bewerten.
Ein einzelner Astronom kann dies kaum schaffen. Das Internet hat allerdings in den letzten Jahren eine ganz neue Art von
wissenschaftlichen Projekten hervorgebracht, bei denen sich Menschen weltweit an
wissenschaftlicher Forschung beteiligen können. Diese sogenannten Citizen-Science-Projekte,
also "Bürgerwissenschafts"-Projekte, erfreuen sich einer immer größeren
Beliebtheit.
Kuchner erkannte, dass sich auch seine Suche nach planetaren Kinderstuben
ideal für ein solches Projekt eignen würde. Er tat sich mit den Experten von
Zooniverse zusammen, die bereits eine ganze Reihe ähnlicher Projekte
betreuen und Disk Detective, also "Scheiben-Detektive" war geboren.
Teilnehmer bekommen auf der extra dafür eingerichteten Webseite Bilder von
WISE und auch von anderen Teleskopen gezeigt und müssen beurteilen, ob die zu
erkennenden Objekte beispielsweise rund sind oder es sich in Wirklichkeit um
mehrere Objekte handelt. Auf diese Weise werden wichtige Informationen erfasst,
anhand derer die Astronomen dann entscheiden, ob sich ein genauerer Blick auf
ein Objekt lohnen könnte.
Mit Disk Detective sollen zwei verschiedene Arten von jungen
Planetensystemen aufgespürt werden: Zum einen Scheiben um junge stellare
Objekte, die typischerweise weniger als fünf Millionen Jahre alt sind und große
Mengen an Gas enthalten. Man findet sie häufig in oder in der Nähe von jungen
Sternhaufen. Zum anderen soll auch noch nach Scheiben aus Gesteinstrümmern um
Sonnen gesucht werden. Sie sind in der Regel älter als fünf Millionen Jahre und
enthalten nur noch wenig Gas. Sie ähneln dem Asteroidengürtel oder dem Kuipergürtel in unserem Sonnensystem.
|