Massearmer Planet mit gewaltiger Atmosphäre
von Stefan Deiters astronews.com
20. Januar 2014
Zu Jahresbeginn wurde eine Entdeckung vorgestellt, die
deutlich macht, dass es unter den extrasolaren Planeten eine vielleicht noch
größere Vielfalt gibt, als man bislang angenommen hatte: In Kepler-Daten
spürten Astronomen nämlich einen Planeten mit der Masse der Erde auf, der über
eine gewaltige Atmosphäre verfügen dürfte.
So könnte der
Planet KOI-314c aussehen.
Bild: C. Pulliam und D. Aguilar (CfA) |
"Diese Planet mag vielleicht die gleiche Masse wie unsere Erde haben, er ist
aber ganz sicher nicht erdähnlich", betont David Kipping vom
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, der den Fund zu Jahresbeginn
auf einer Tagung der American Astronomical Society vorstellte. "Das
zeigt, dass es keine klare Trennung zwischen Gesteinsplaneten wie der Erde und
aufgeblähten Planeten wie Wasserwelten oder Gasriesen gibt."
Der Planet mit der Bezeichnung KOI-314c ist rund 200 Lichtjahre von der Erde
entfernt und umrundet in geringer Entfernung in nur 23 Tagen einen
leuchtschwachen rötlichen Zwergstern. Obwohl Sterne dieser Art deutlich weniger
Energie abstrahlen als unsere Sonne, dürften auf dem Planeten noch immer
Temperaturen von über 100 Grad Celsius herrschen, womit es dort zu warm für uns
bekanntes Leben wäre.
KOI-314c hat in etwa die gleiche Masse wie die Erde , jedoch einen rund 60
Prozent größeren Durchmesser. Die Forscher vermuten, dass der Planet somit über
eine dicke und ausgedehnte Atmosphäre verfügt und damit nicht den
Gesteinsplaneten in unserem Sonnensystem ähnelt. Er könnte als eine Art
Mini-Neptun entstanden sein und dann im Laufe der Zeit - durch die intensive
Strahlung seines Zentralsterns - Teile seiner Atmosphäre verloren haben.
KOI-314c ist ein Transitplanet. In den Daten des Weltraumteleskops Kepler
konnten die Astronomen also verfolgen, wie der Planet regelmäßig vor seiner
Sonne vorüberzog und diese damit ein klein wenig verdunkelte. Das Ausmaß dieser
Verdunklung erlaubt dann auch Rückschlüssen auf den Durchmesser des Planeten.
Normalerweise versuchen Astronomen dann, einen Transitplaneten auch mithilfe
der sogenannten Radialgeschwindigkeitsmethode aufzuspüren, bei der nach einem
Wackeln des Zentralsterns gesucht wird, das durch einen umlaufenden Planeten
verursacht wird. Auf diese Weise erhält man dann Informationen über die Masse
des Planeten.
Bei Planeten, die nur in etwa die Masse der Erde haben, ist dieses Verfahren
allerdings kaum anwendbar: So hat Kepler-78b, der masseärmste Planet, bei dem
eine Bestimmung der Masse auf diesem Weg gelungen ist, eine 70 Prozent größere
Masse als die Erde (astronews.com berichtete).
Im Fall von KOI-314c nutzten die Astronomen daher ein anderes, deutlich
komplexeres Verfahren, das sich allerdings nur verwenden lässt, wenn es mehrere
Transitplaneten in einem System gibt, die sich gegenseitig leicht beeinflussen.
Dies führt nämlich zu einer geringfügigen Variation der Zeiten, zu denen sich
die Transits beobachten lassen.
"Statt also nach einem wackelnden Stern zu schauen, suchen wir nach
wackelnden Planeten", vergleicht David Nesvorny vom Southwest Research
Institute (SwRI). "Mit Kepler haben wir die Transits von zwei
Planeten vor demselben Stern wieder und wieder beobachtet." Durch die genaue
Messung der Zeitpunkte dieser Transits konnten die Astronomen dann feststellen,
dass es gravitative Wechselwirkungen zwischen den beiden Planeten gibt und
daraus auf ihre Masse schließen.
Der zweite Planet in dem System, KOI-314b, hat eine ähnliche Größe wie
KOI-314c, jedoch eine deutlich höhere Dichte, so dass er es etwa auf die
vierfache Masse der Erde bringt. Er umrundet den Stern alle 13 Tage. Die
Entdeckung von KOI-314c war ein Glücksfall: Eigentlich hatten die Astronomen in
den Kepler-Daten nach Hinweisen auf um extrasolare Planeten umlaufende
Monde gesucht.
Über die Beobachtungen berichten die Forscher in einem Fachartikel in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal.
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