Astrophysik-Knowhow zur Krebserkennung
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) astronews.com
14. Oktober 2013
In der Astronomie ist die Vielkanal-Spektroskopie bereits
ein gängiges Verfahren, um Spektren von zahlreichen Bildpunkten während nur
einer Belichtung zu gewinnen. Nun wollen Astrophysiker und Mediziner diese
Methode auch zur Erkennung von Krebserkrankungen nutzbar machen. Sie soll eine
schnellere und patientenschonendere Diagnostik ermöglichen.
Der
Referenz-Spektrograph am AIP.
Foto: AIP |
Wissenschaftler des Zentrums für Innovationskompetenz für faseroptische
Spektroskopie und Sensorik (innoFSPEC Potsdam) am Leibniz-Institut für
Astrophysik Potsdam (AIP) arbeiten gemeinsam mit Forschern der Charité Berlin an
einer neuen Methode zur optischen, minimal invasiven Krebsdiagnostik. Das
Bundesministerium für Bildung und Forschung hat dem Vorhaben jetzt Fördergelder
in Höhe von knapp 1,5 Millionen Euro zugesprochen, um über eine Laufzeit von
drei Jahren Techniken und Know-how aus der Astrophysik für die Medizin nutzbar
zu machen.
Zentraler Forschungsgegenstand der Kooperation ist die
Vielkanal-("Multiplex"-)Raman-Spektroskopie. Das bildgebende Multiplex-Verfahren
wird in der Astrophysik verwendet, um mit einer einzigen Belichtung Spektren für
Tausende von Bildpunkten gleichzeitig zu erfassen. In der Medizin ist die
spektroskopische Analytik aktuell nur in Ein-Kanal-Verfahren erprobt.
Diese Methode erfordert zur entscheidenden Bilderzeugung allerdings eine
stundenlange Abtastung des betroffenen Gewebes. Die Kooperation zwischen
innoFSPEC und der Charité soll dies nun ändern. "Die optische Diagnostik, wie
sie das AIP in den kommenden drei Jahren untersuchen wird, ist gewebeschonend,
von höherer Bildqualität und schneller als bisherige Methoden. Gerade
bildgebende und spektral aufgelöste Verfahren bieten daher ein enormes Potenzial
für eine ressourcen- und patientenschonende Diagnostik", so
Projektwissenschaftlerin Silvia Adelhelm.
Ziel ist es, den für astronomische Zwecke bereits verwendeten
Multiplex-Spektrographen so zu modifizieren, dass er auch zur Gewebsdiagnostik
eingesetzt werden kann. Aktuelle optische Verfahren zur Krebsdiagnostik wie die
konfokale Laserendoskopie oder Untersuchungen mithilfe der Autofluoreszenz sind
nicht nur sehr zeitaufwändig, sondern erfordern auch die Entnahme von Gewebe.
Solche Biopsien würden Mediziner gerne vermeiden, da es sich um belastende
Eingriffe in den Körper des Patienten handelt, mit denen auch das Risiko der
Metastasenbildung verbunden ist.
Die Hoffnung der Wissenschaftler ist es, durch die Weiterentwicklung des
Multiplex-Spektrographen, die seit zehn Jahren erprobte Methode der Astrophysik,
zukünftig auch sinnvoll für die Gewebediagnostik einzusetzen.
In der westlichen Hemisphäre stellen Krebserkrankungen die zweithäufigste
Todesursache dar. Der Krankheitsverlauf ist oft leidvoll. Eine frühe Diagnose
ist in vielen Fällen mit einer sehr guten Prognose verbunden, weshalb es einen
akuten Bedarf für die Verbesserung von Untersuchungsmethoden bei der Vorsorge
und Gewebediagnostik gibt. Nach der Validierung der
Multiplex-Raman-Spektroskopie als geeignete Methode für die Krebsdiagnostik wird
eine Verwertung und Zusammenarbeit mit Unternehmen der Medizintechnik
angestrebt.
|