Ein roter Riese und sein Nebel
von Stefan Deiters astronews.com
9. Oktober 2013
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue
Aufnahme des Reflexionsnebels IC 2220 veröffentlicht, der sich in einer
Entfernung von rund 1200 Lichtjahren im Sternbild Kiel des Schiffs befindet. Er
umgibt einen roten Riesenstern, also eine Sonne in einem fortgeschrittenen
Stadium ihrer Entwicklung. Trotzdem ist der Stern gerade einmal 50 Millionen
Jahre alt.
Der Reflexionsnebel IC 2220 im Sternbild Kiel
des Schiffs. Bild:
ESO [Großansicht] |
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue Aufnahme des Nebels IC
2220 veröffentlicht. Das Bild basiert aus Daten des Very Large Telescope,
das sich auf dem Gipfel des Paranal in Chile befindet. Bei IC 2220 handelt es
sich um einen sogenannten Reflexionsnebel, also um eine Ansammlung von Gas und
Staub, die nicht selbstständig leuchtet, sondern lediglich die Strahlung eines
Sterns reflektiert. IC 2220 ist 1.200 Lichtjahre von der Erde entfernt und
befindet sich im Sternbild Kiel des Schiffs (Carina).
Im Falle von IC 2220 sorgt der Stern HD 65750 im Zentrum des Nebels für das
Leuchten. HD 65750 ist ein roter Riesenstern mit etwa der fünffachen Masse
unserer Sonne. Rote Riesen stellen eine späte Phase in der Entwicklung eines
Sterns dar. Trotzdem dürfte HD 65750 nur etwa 50 Millionen Jahre alt sein. Dies
zeigt einmal mehr, dass massereiche Sterne mit ihrem nuklearen Brennstoff
deutlich verschwenderischer umgehen als etwa unsere Sonne. Diese bringt es auf
ein Alter von mehreren Milliarden Jahren.
Der Nebel ist entstanden, als der alternde Stern Teile seine äußeren Hülle
ins All abgestoßen hat. In diesem Material, so ergaben Beobachtungen des Objekts
im Infraroten, befinden sich verschiedene Elemente und Verbindungen, darunter
auch Siliciumdioxid, das vermutlich für den größten Teil des reflektierten
Lichts verantwortlich sein dürfte.
Die Struktur des Nebels ist nahezu symmetrisch und erstreckt sich über ein
Lichtjahr. Sie dürfte allerdings nur sehr kurzlebig sein, da diese Phase im
Leben eines massereichen Sterns nicht lange dauert. Es gelingt daher nur selten,
solche Objekte auch tatsächlich zu beobachten.
Rote Riesensternen haben bereits den größten Teil ihres Vorrats an
Wasserstoff verbraucht. Ihre äußere Hülle hat sich dadurch enorm aufgebläht.
Rund um einen Kern aus Kohlenstoff und Sauerstoff dürfte es im Fall von HD 65750
eine Hülle geben, in der Helium fusioniert wird. Noch weiter außen könnte es
zudem eine Schicht geben, in der noch Wasserstoff zu Helium verbrennt.
Auch die Sonne wird in einigen Milliarden Jahren einmal zu einem Roten
Riesenstern werden und dabei die inneren Planeten des Sonnensystems
verschlucken. Auch die Erde könnte davon noch betroffen sein. Allerdings ist die
Erde zu diesem Zeitpunkt schon lange kein blauer Planet mehr: Schon in etwa
einer Milliarde Jahren wird die Helligkeit der Sonne so stark zugenommen haben,
dass das Wasser auf der Erde verdampft und unsere Heimat zu einer heißen und
öden Gesteinswelt werden wird.
IC 2220 erhielt von den britischen Astronomen Paul Murdin, David Allen und
David Malin den Spitznamen "Toby Jug Nebula", weil sie der Nebel an einen jener
Toby-Jug genannten Keramikkrüge erinnerte, die oft die Gestalt eines sitzenden
Mannes haben. Sie sind vor allem im angelsächsischen Kulturkreis verbreitet.
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