Treibhausgase über zehn Jahre im Blick
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
9. September 2013
Kohlendioxid und Methan stellen die wichtigsten
Treibhausgase in der Atmosphäre dar und spielen eine entscheidende Rolle beim
Klimawandel. Dank des europäischen Umweltsatelliten Envisat konnten der
Anteil der Gase in der Atmosphäre erstmals über längere Zeit aus dem All
erfasst werden. Jetzt haben Wissenschaftler die Daten aus zehn Jahren
ausgewertet.
Auf der Karte
ist die weltweite Verteilung des
Treibhausgases Kohlendioxid zu sehen, die
SCIAMACHY in den Jahren 2010 und 2011 jeweils in
den Monaten von April bis Juni gemessen hat.
Bild: Universität Bremen/IUP [vergrößerte
Gesamtansicht] |
Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) sind die beiden
einflussreichsten vom Menschen verursachten Treibhausgase in unserer Atmosphäre.
Sie sind maßgeblich für den Klimawandel und die Erderwärmung verantwortlich. Als
im Jahr 2002 das deutsch-niederländisch-belgische Instrument SCIAMACHY (Scanning
Imaging Absorption Spectrometer for Atmospheric Chartography) auf dem
ESA-Umweltsatelliten Envisat erstmals genutzt werden konnte, um per
Satellitenmessung CO2 und CH4 in der Atmosphäre
aufzuspüren, war das ein Meilenstein für die Klimaforschung.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat diese wichtige Arbeit
zur Klimaforschung von Beginn an über sein Raumfahrtmanagement mit Mitteln des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) unterstützt. Nun haben
Forscher der Universität Bremen erstmals über den Gesamtzeitraum der Envisat-Mission
SCIAMACHY- Daten ausgewertet und so ein vollständiges Bild über zehn Jahre CO2-
und CH4-Entwicklung erhalten.
"Wenn wir wissen wollen, wie sich das Klima der Erde in den kommenden Jahren
verhält, müssen wir uns ein Bild der Vergangenheit machen und das Verhalten der
Treibhausgase über Jahre studieren. Dank SCIAMACHY konnten Wissenschaftler ein
Jahrzehnt lang bis zum Betriebsende von Envisat Kohlendioxid und Methan
vom Weltall aus global und genau messen und mit speziellen Computerprogrammen
Weltkarten und Zeitserien der mittleren Konzentrationen und ihren räumlichen und
zeitlichen Veränderungen erstellen", erklärt Dr. Achim Friker,
SCIAMACHY-Projektmanager des DLR Raumfahrtmanagements.
Envisat war eigentlich nur für fünf Jahre Lebensdauer ausgelegt.
"Der SCIAMACHY-Datensatz über zehn Jahre ist für die Wissenschaft ein Geschenk",
so Friker. Kohlendioxid und Methan sind die wichtigsten vom Menschen gemachten
Treibhausgase der Erdatmosphäre. Ihr Anstieg trägt am stärksten zum weltweiten
Klimawandel bei.
Aus dem Weltall lässt sich erkennen, wo permanent erhöhte Konzentrationen zu
finden sind. Daraus können Rückschlüsse auf die Ursachen gezogen werden.
"Atmosphärisches CO2 nimmt trotz aller internationalen Anstrengungen
zur Emissionsreduktion beständig zu, und zwar derzeit um etwa 0,5 Prozent
jährlich. Beim Methan ist die Lage komplizierter: bis 2006 war es nahezu
konstant aber seit 2007 steigt es mit etwa 0,3 bis 0,5 Prozent pro Jahr an",
erklärt Dr. Michael Buchwitz vom Institut für Umweltphysik der Universität
Bremen.
Die Hauptquelle von CO2 ist die Verbrennung fossiler Brennstoffe
wie Kohle, Öl und Gas durch Verkehr, Industrie oder im Haushalt. Jährlich werden
vom Menschen rund 36 Milliarden Tonnen in die Atmosphäre geblasen - Tendenz
steigend. Während etwa die Hälfte von natürlichen Senken wie Ozeanen oder
großflächigen Waldgebieten aufgenommen wird, verbleiben die restlichen 50
Prozent langfristig in der Atmosphäre.
Wie sich diese natürlichen Senken in der Zukunft verhalten werden, ist jedoch
unklar, und daher ein wichtiger aktueller Forschungsschwerpunkt. Auch Methan
wird maßgeblich vom Menschen freigesetzt: Kohleabbau, Öl- und Gasgewinnung,
undichte Leitungen, Müllentsorgung sowie Viehzucht kommen als Quellen infrage.
Die Konzentration von Methan ist noch sehr viel kleiner als von CO2.
Seine klimaschädliche Wirkung pro Kilogramm ist aber 25-mal stärker.
"Warum CO2 ansteigt ist bereits lange klar: Steigende Emissionen
durch Verbrennung fossiler Brennstoffe. Wir sehen insbesondere einen starken
Anstieg der Emissionen in China. Warum das Methan jedoch bis 2006 nahezu
konstant war und seit 2007 wieder ansteigt, wird erst langsam klar. Neueste
Analysen mittels SCIAMACHY-Daten zeigen, dass der Methananstieg aller
Wahrscheinlichkeit nach durch zunehmende anthropogene (also durch den Menschen
verursachte) Emissionen verursacht wird. Die Analyse zeigt jedoch auch, dass es
starke Jahr-zu-Jahr Variationen durch wetterbedingt schwankende Emissionen von
Sumpfgebieten sowie großräumigen Bränden gibt", erklärte Buchwitz.
Um diese Informationen zu erhalten, haben die Forscher die SCIAMACHY-Daten
mit globalen Modellen verglichen und mittels Modellsimulationen Rückschlüsse auf
die Quellen gezogen. "Dank der SCIAMACHY-Daten können wir bereits viele Fragen
recht genau beantworten. So sind wir am Puls des Klimawandels", betont Friker.
"Lange unterbrechungsfreie Zeitreihen sind gerade für die Klimaforschung
unverzichtbar. Daher setzen wir die SCIAMACHY Treibhausgas-Zeitreihen derzeit
mit den Daten des japanischen Gosat-Satelliten fort. Für die
Methanforschung entwickelt das DLR in Zusammenarbeit mit der französischen
Raumfahrtagentur CNES den Erdbeobachtungssatelliten Merlin. Dies
geschieht in enger Kooperation mit japanischen und europäischen
Wissenschaftlern", so Buchwitz.
Das Satelliteninstrument SCIAMACHY hat bis zum Ausfall von Envisat
am 8. April 2012 die von der Atmosphäre zurückgestreute Sonnenstrahlung
analysiert. Aus den charakteristischen Spektrallinien der atmosphärischen
Bestandteile ließen sich die Konzentrationen einer Vielzahl von Spurengasen
bestimmen, die für die Luftqualität, den Treibhauseffekt und die Ozonchemie
wichtig sind. SCIAMACHY entstand in deutsch-niederländisch-belgischer
Kooperation. Auf deutscher Seite lagen die Projektleitung beim DLR und die
wissenschaftliche Leitung beim Institut für Umweltphysik der Universität Bremen.
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