Die meisten Zentauren könnten Kometen sein
von Stefan Deiters astronews.com
26. Juli 2013
Zwischen den Bahnen von Jupiter und Neptun kreisen Objekte
um die Sonne, bei denen sich Astronomen nicht sicher sind, ob es sich um
Asteroiden oder Kometen handelt, die sogenannten Zentauren. Daten des Wide-field
Infrared Survey Explorer (WISE) deuten nun darauf hin, dass wohl mindestens
zwei Drittel der Zentauren Kometen sind.
Eine Analyse von
WISE-Daten ergab jetzt, dass es sich bei den
mysteriösen Zentauren um Kometen handeln könnte.
Bild: NASA/JPL-Caltech |
Zwischen den Bahnen des Gasriesen Jupiter und des äußersten Planeten Neptun
kreisen noch eine ganze Reihe anderer Objekte um die Sonne. Seit ihrer
Entdeckung fragen sich Astronomen, ob es sich dabei um Asteroiden handelt, die
aus dem inneren Sonnensystem stammen oder vielleicht um Kometen, deren Ursprung
weit außerhalb der Neptunbahn liegt. Genannt hat man diese mysteriösen Objekte
"Zentauren" - nach den Wesen aus der griechischen Mythologie, die halb Pferd,
halb Mensch sind.
"Ganz wie die Kreaturen aus der Mythologie scheinen die Zentauren ein
Doppelleben zu haben", erklärt James Bauer vom Jet Propulsion Laboratory
der NASA. "Unsere Daten deuten nun auf einen kometenhaften Ursprung der meisten
dieser Objekte hin, weshalb sie aus den entfernteren Bereichen des Sonnensystems
kommen dürften". "Kometenhafter Ursprung" bedeutet, dass die Zentauren eine
ähnliche Zusammensetzung wie Kometen haben dürften, vielleicht einmal ein
aktiver Komet waren und es auch wieder werden könnten.
Grundlage der neuen Untersuchung war die bislang umfangreichste Erfassung von
Zentauren und ihrer entfernten Verwandten, sogenannter Scattered Disk
Objects, mit dem Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE) der
NASA. Mit WISE wurde im Jahr 2010
der gesamte Himmel zweimal im infraroten Wellenlängenbereich beobachtet. Im Rahmen
des Projektes NEOWISE nutzte man dieses Datenmaterial auch für die
Suche und Erforschung von Asteroiden.
Insgesamt konnten so Infrarotbilder von 52 Zentauren und Scattered Disk
Objects gewonnen werden, bei 15 handelt es sich um Neuentdeckungen.
Scattered Disk Objects (auf Deutsch etwa "gestreute Scheibenobjekte")
umkreisen die Sonne auf sehr unkreisförmigen Bahnen, auf die sie vermutlich
durch Wechselwirkungen mit den Riesenplaneten gerieten.
Die Bahnen der Zentauren und der Scattered Disk Objects gelten über
längere Zeiträume als instabil. Die Objekte dürften also über kurz oder lang
durch den gravitativen Einfluss der Riesenplaneten entweder ins innere
Sonnensystem oder in noch entferntere Bereiche abgelenkt werden.
Bei einigen Zentauren hatten Astronomen schon zuvor Hinweise auf einen staubigen
Halo entdeckt, was typisch für einen Kometen ist. Auch das Weltraumteleskop
Spitzer lieferte bereits Indizien für die Existenz von Kometen unter den
Zentauren. Bislang war man allerdings nicht in der Lage, die Anzahl der
Asteroiden und Kometen unter den Zentauren konkret abzuschätzen.
Die Infrarotdaten von WISE lieferten nun Informationen über das
Rückstrahlvermögen der Zentauren, die sogenannte Albedo. Auf diese Weise war es
möglich, die Population der Zentauren zu sortieren. Man konnte nun nämlich
unterscheiden, ob ein Zentaur eine matte, dunkle Oberfläche hatte oder sehr hell
war. Zusammen mit Daten über die Farbe der Zentauren ergab sich dann ein neues
Bild: Bei Beobachtungen im sichtbaren Bereich des Lichts erscheinen Zentauren
nämlich entweder bläulich-grau oder aber rötlich.
Bei den bläulich-grauen Objekten kann es sich entweder um Asteroiden oder
Kometen handeln. Die WISE-Daten zeigten aber nun, dass diese Objekte überwiegend
dunkel sind - ein Hinweis auf Kometen. Die rötlichen Objekte sind vermutlich
Asteroiden. "Kometen haben eine dunkle, rußartige Oberfläche, weshalb sie
dunkler sind als die meisten Asteroiden", erläutert Tommy Grav vom Planetary
Science Institute. "Kometenoberflächen ähneln mehr einem Stück Kohle,
Asteroiden sind normalerweise leuchtend wie der Mond."
Die neuen Ergebnisse deuten darauf hin, dass es sich bei etwa zwei Dritteln der
Zentauren um Kometen handelt. Ob das verbleibende Drittel Asteroiden sind, lässt
sich allerdings noch nicht sagen. Weitere Datenauswertungen von WISE könnten
aber helfen, auch dieses noch verbliebene Rätsel um diese bisher so mysteriösen
Objekte zu lösen.
Über ihre Untersuchung berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astrophysical Journal erschienen ist.
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