Aktive Sonne, geringere Strahlenbelastung
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
27. Juni 2013
Die Sonne steuert derzeit gerade auf ein Maximum ihrer
Aktivität zu: Immer wieder kommt es zu Eruptionen und auch der Sonnenwind ist
stärker als in ruhigeren Zeiten. Auf die Strahlenbelastung in Verkehrsflugzeugen
hat dies jedoch keine negativen Auswirkungen - ganz im Gegenteil: Der stärkere
Sonnenwind schirmt sogar Teile der gefährlicheren kosmischen Strahlung ab.
Die Sonne ist
derzeit besonders aktiv. Hier ein Bild des Solar
Dynamics Observatory vom 21. Juni 2013.
Bild: NASA/SDO |
Derzeit brodelt die Sonne: Ihre Oberfläche ist von Sonnenflecken übersät,
immer wieder kommt es zu Materie-Ausbrüchen und der Erde weht ein stärkerer
Sonnenwind entgegen. Gleichzeitig jedoch nimmt die Strahlenexposition auf
Reiseflughöhen ab. Dieses spannende Phänomen konnten Wissenschaftler des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) nun an Bord des
Forschungsflugzeugs Falcon bestätigen.
"Seit 2004 untersuchen wir im DLR die Strahlenexposition auf Reiseflughöhen",
erläutert Dr. Matthias Meier, Leiter der Arbeitsgruppe Strahlenschutz in der
Luftfahrt, vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin. "Schon
vorangegangene Messungen gaben keinen Anlass zur Beunruhigung. Jetzt haben wir
die bisher geringsten Strahlungswerte beobachten können." Wie eine Schutzblase
schirmt das Magnetfeld des derzeit recht starken Partikelwindes von unserer
Sonne die von außen ins Sonnensystem dringende kosmische Strahlung ab. "Ist der
Sonnenwind wie aktuell stärker, dringen weniger der energiereichen Teilchen aus
der Galaxis bis ins Innere des Sonnensystems zur Erde vor", erklärt Meier.
Die Sonne durchläuft einen natürlichen Zyklus, in dem sie wie jetzt 2013 etwa
alle elf Jahre besonders aktiv ist. Der Sonnenwind selbst leistet keinen Beitrag
zum Strahlungsfeld auf Reiseflughöhen, da die Partikelstrahlung der Sonne in der
Regel zu energiearm ist, um tief genug in die Atmosphäre vorzudringen. Die
energiereiche kosmische Strahlung dagegen trifft in oberen Schichten der
Erdatmosphäre weit über den üblichen Flugkorridoren in rund zehn Kilometern Höhe
auf die verschiedenen Moleküle der Luft. "Dabei entstehen Sekundärteilchen,
deren Wechselwirkung mit Materie wir mit unseren Detektoren nachweisen können",
so Meier weiter.
Im Mai 2013 war die DLR-Falcon über Bayern und Südnorwegen unterwegs. Vom
Heimatflughafen in Oberpfaffenhofen bei München flogen die Forscher zunächst
über Bayern, dann nach Aalborg in Dänemark und von dort weiter nach Oslo. Im
bayerischen und norwegischen Luftraum führten sie Messflüge in Höhen zwischen
neun und zwölf Kilometern durch. "Nun liegen erste Ergebnisse vor", sagt Meier.
"Die Messungen haben gezeigt, dass die Strahlenexposition auf Reiseflughöhen
gegenüber den Vergleichsmessungen, die wir Ende 2007 nahe am solaren Minimum
durchgeführt haben, durch die stärkere Sonnenaktivität um ungefähr zehn Prozent
reduziert war."
Die natürliche Höhenstrahlung lässt sich besonders gut in den Polarregionen
der Erde untersuchen. "Vom Äquator bis etwa zum 60. Breitengrad ist eine
Abschirmung des Strahlungsfeldes der galaktischen kosmischen Strahlung auf
Reiseflughöhen durch das Erdmagnetfeld beobachtbar", erklärt Meier. In Richtung
der Pole, wo die Magnetfeldlinien auf die Erde treffen, gelangen energiereiche
kosmische Teilchen davon weitgehend unbeeinflusst bis in die Atmosphäre.
Sonnenstürme, genauer gesagt Sonneneruptionen, die mit der Emission sehr
energiereicher Teilchen verbunden sind, können insbesondere im Polarbereich auch
zu kurzzeitig signifikant erhöhten Strahlenbelastung führen. "Dies findet
allerdings nur äußerst selten statt; die meisten dieser Weltraumwetterereignisse
führen sogar aufgrund des durch diese Teilchen erzeugten Magnetfelds zu einer
Reduktion der Strahlenexposition auf Reiseflughöhen. Eine genaue Aussage ist im
Einzelfall nur aufgrund differenzierter Informationen möglich", erläutert Meier.
Die jüngsten Ergebnisse zeigen: Auch auf polaren Routen liegt die
Strahlenexposition des fliegenden Personals weit unterhalb der gesetzlichen
Grenzwerte. Ungeachtet dessen arbeiten die Wissenschaftler an der Entwicklung
zeitnaher Weltraumwetterwarnungen und operationeller Verfahren für Flugbetriebe,
um die Strahlenexposition für fliegendes Personal und Passagiere auch unterhalb
der gesetzlichen Grenzwerte unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls so gering wie möglich zu halten.
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