Unzählige Schwarze Löcher in Andromeda
von Stefan Deiters astronews.com
14. Juni 2013
Mithilfe des NASA-Röntgenteleskops Chandra haben Astronomen
26 Objekte in der Andromedagalaxie aufgespürt, bei denen es sich sehr
wahrscheinlich um stellare Schwarze Löcher handelt. Damit kennt man nun in
unserer Nachbargalaxie mehr dieser Objekte als in jeder anderen Galaxie,
abgesehen von der Milchstraße. Vermutlich gibt es in Andromeda sogar noch
deutlich mehr davon.
Mit Chandra haben Astronomen jetzt 26
Kandidaten für stellare Schwarze Löcher in M31
entdeckt.
Bild:
NASA/CXC/SAO/R.Barnard, Z.Lee et al. (Röntgen),
NOAO / AURA / NSF / REU Prog. / B.Schoening,
V.Harvey; Descubre Fndn. / CAHA / OAUV / DSA / V.
Peris (Optisch) [Großansicht]
Der Zentralbereich von M31 mit den vermuteten
Schwarzen Löchern.
Bild: NASA / CXC
/ SAO / R.Barnard, Z. Lee et al. [Großansicht] |
"Wir sind zwar begeistert davon, so viele Schwarze Löcher in Andromeda
entdeckt zu haben, halten sie aber nur für die Spitze des Eisbergs", urteilt
Robin Barnard vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) im
amerikanischen Cambridge, der auch Erstautor eines Fachartikels über die
Beobachtungen in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal ist. "Die meisten Schwarzen Löcher dürften
nämlich keine engen Begleiter haben und sind daher für uns unsichtbar."
Bei den aufgespürten Schwarzen Löchern handelt es sich um stellare Schwarze
Löcher, also um Objekte, die nach der Supernova eines massereichen Sterns
zurückbleiben. Normalerweise sind stellare Schwarze Löcher unsichtbar. Manchmal
befinden sie sich jedoch in einem Doppelsternsystem, werden also von einem
anderen Stern umrundet. Dabei kann es passieren, dass das Schwarze Loch Material
von dem Stern abzieht. Dies sammelt sich, bevor es auf Nimmerwiedersehen
verschwindet, zunächst in einer Scheibe um das Schwarze Loch und heizt sich dort
auf extrem hohe Temperaturen auf. Dabei sendet es eine intensive Strahlung aus.
Bei der Suche nach solchen Schwarzen Löchern mithilfe des
NASA-Röntgenteleskops Chandra galt es zunächst einmal sicherzustellen, dass es
sich bei den infrage kommenden Objekten tatsächlich um stellare Schwarze Löcher
in der auch Messier 31 genannten Andromedagalaxie handelte und nicht etwa um weit entfernte
supermassereiche Schwarze Löcher, die man in den Zentren der meisten Galaxien
vermutet. Dazu werteten die Astronomen Informationen über die Helligkeit und die
Variabilität der untersuchten Objekte aus. Dabei machten sie sich im Prinzip die
Tatsache zunutze, dass Systeme mit nur stellarer Masse sich deutlich schneller
verändern als supermassereiche Schwarze Löcher.
Um nun stellare Schwarze Löcher von Neutronensternen unterscheiden zu können,
analysierten die Astronomen das genaue Spektrum der von den Objekten
ausgesandten Röntgenstrahlung. Hier lieferte auch das europäische
Röntgenteleskop XMM-Newton einige wichtige Informationen. Insgesamt nutzten die
Wissenschaftler über 150 Chandra-Beobachtungen der Andromedagalaxie aus einem Zeitraum von mehr als
13 Jahren.
"Durch die Beobachtung in Schnappschüssen, die mehr als ein Dutzend Jahre
überdecken, können wir einen sehr nützlichen Blick von Messier 31
zusammenstellen", erklärt Michael Garcia, der auch am CfA arbeitet. "Die sich
daraus ergebende lange Belichtungszeit erlaubt uns, bei einzelnen Quellen
zu unterscheiden, ob es sich um Schwarze Löcher oder Neutronensterne handelt."
Das Team hatte zuvor bereits neun Schwarze-Loch-Kandidaten in der
Andromedagalaxie entdeckt, so dass inzwischen 35 dieser Objekte mithilfe von
Chandra-Daten aufgespürt wurden. Sieben der in Andromeda vermuteten Schwarzen Löcher befinden sich in einem
Umkreis von nur 1.000 Lichtjahren vom Zentrum der Galaxie. Dies sind mehr Objekte
dieser Art, als man im Zentrum unserer Milchstraße entdeckt hat. Für die
Astronomen ist dies keine Überraschung, da die zentrale Konzentration von
Sternen, der sogenannte Bulge, bei Andromeda größer ist als in der Milchstraße,
so dass hier mehr Schwarze Löcher entstehen können.
"Wenn es darum geht, Schwarze Löcher im Zentralbereich einer Galaxie zu
finden, dann gilt in der Tat: Je größer, desto besser", meint Stephen Murray von
der Johns Hopkins University und dem CfA, der auch zum Team gehörte. "Im Fall
von Andromeda haben wir den größeren Bulge und ein größeres supermassereiches
Schwarzes Loch als in der Milchstraße, daher haben wir erwartet, dass dort auch
mehr stellare Schwarze Löcher entstehen."
Die jetzt vorgestellten Ergebnisse bestätigen frühere Vermutungen über
die Natur von Röntgenquellen im Zentrum von Messier 31. "Wir sind besonders
erfreut darüber, dass wir so viele Schwarze-Loch-Kandidaten in geringem Abstand
zum Zentrum beobachten", so Barnard. "Es ist genau das, was wir erwartet hatten
und wir haben viele Jahre danach gesucht."
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