Extremer Pulsar bestätigt Einstein
Redaktion
/ idw / Pressemitteilungen der Universität Bonn und des MPIfR astronews.com
26. April 2013
Einsteins allgemeine Relativitätstheorie hat einen weiteren
Test bestanden: Dies ist das Ergebnis von Beobachtungen des äußerst massereichen
Pulsars PSR J0348+0432 und seines Begleiters durch ein internationales
Forscherteam. Das System, so die Vorhersage, sollte durch Abstrahlung von
Gravitationswellen kontinuierlich Energie verlieren. Genau dies wurde nun
gemessen.
Das System aus Pulsar und Weißem Zwerg
erzeugt Gravitationswellen. Die Größe beider
Objekte auf diesem Bild ist nicht maßstabsgetreu.
Bild: ESO / L. Calçada |
Pulsare sind schnell rotierende Neutronensterne. Ihre Strahlung geben sie -
ähnlich wie ein Leuchtturm - in begrenzten Lichtkegeln ab, die auch die Erde
regelmäßig überstreichen können. So scheint ein Pulsar regelmäßige Strahlungspulse
auszusenden. Ein internationales Team von Astronomen hat nun einen besonders
extremen Pulsar mithilfe verschiedener Teleskope näher untersucht und
dabei einige bemerkenswerte Entdeckungen gemacht.
PSR J0348+0432 ist ein Pulsar, der erst vor wenigen Jahren in einem
Doppelsternsystem mit einem Weißen Zwerg entdeckt wurde. Die Umlaufdauer des Pulsars
beträgt nur 2,5 Stunden. Die Gravitation auf seiner
Oberfläche ist mehr als 300 Milliarden Mal stärker als auf der Erde. Im Zentrum
des Pulsars findet man mehr als eine Milliarde Tonnen Materie auf das Volumen
eines Zuckerwürfels zusammengepresst.
"Schon bei einer ersten schnellen Analyse der Daten war mir klar, dass wir
uns einen ganz schönen Brocken eingefangen hatten", sagt John Antoniadis,
Doktorand am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn und
Erstautor eines Fachartikels, der heute in der Zeitschrift Science erscheint.
"Mit der doppelten Masse der Sonne ist das der schwerste bis jetzt bekannte
Pulsar." Für die Astronomen sind die extremen physikalischen Bedingungen von PSR
J0348+0432 ein ideales Laboratorium, um ihre Theorien zu testen.
"Für diesen Pulsar mussten wir unsere Sternentwicklungsmodelle bis an die
Grenze strapazieren", sagt etwa Thomas Tauris von der Arbeitsgruppe "Stellarphysik"
am Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn, der die Entwicklung
solcher Doppelsternsysteme erforscht. Die Ergebnisse ermöglichen nun neue
Einblicke in die Evolution von Doppelsternen. Die einzigartige Kombination
von Eigenschaften des Systems stellte die Modelle der Physiker dabei vor
besondere Herausforderungen. Zu beachten waren nämlich die kurze Umlaufperiode, die
große Masse, die relativ langsame Eigenrotation und zudem ein starkes
Pulsar-Magnetfeld.
Die Wissenschaftler untersuchten, wie sich das Doppelsternsystem
gebildet und weiterentwickelt hat. "Dieses setzt einen Massentransfer voraus,
bei dem der Pulsar seinen Kompagnon auffrisst", so Tauris. Am Ende dieser
Entwicklung steht dann ein Objekt, wie wir es heute beobachten können: Ein
schnell rotierender, massereicher Neutronenstern und ein Weißer Zwerg als
Überrest des früheren Begleitsterns.
Der Pulsar und der Weiße Zwerg haben einen Abstand von nur 830.000 Kilometern
zueinander, was nur etwas mehr als einem Sonnenradius entspricht. Dank der durch
Beobachtungen am
Very Large Telescope der ESO ermittelten Massen der Partner, ließ sich der Energieanteil
berechnen, der in Form von Gravitationswellen abgestrahlt werden muss, was
wiederum zu einer Verkürzung der Umlaufperiode in dem System führen muss.
Diese Änderung der
Umlaufperiode aber sollte in den Radiosignalen des Pulsars sichtbar sein. Deswegen
hat das Team regelmäßige Beobachtungen an den drei größten Radioteleskopen weltweit
durchgeführt. "Unsere Radiobeobachtungen mit den beiden Teleskopen in Effelsberg
und Arecibo waren derart präzise, dass wir bereits Ende 2012 eine Änderung von
nur acht Mikrosekunden pro Jahr in der Umlaufperiode und damit exakt den von der
Relativitätstheorie vorhergesagten Wert nachweisen konnten", sagt Paulo Freire
vom MPIfR.
"Das aufregendste Ergebnis für uns war, dass die Allgemeine
Relativitätstheorie sich auch in einem so extremen Umfeld noch vollständig
bewährt", sagt Norbert Wex, theoretischer Astrophysiker in der
Forschungsabteilung "Radioastronomische Fundamentalphysik" am MPIfR. "Unsere Ergebnisse zu PSR J0348+0432 geben uns
zusätzliches Vertrauen in die Gleichungen für die komplette Spannweite der
Massen von Neutronensternen, wie wir sie in der Natur beobachten", ergänzt
Michael Kramer, Direktor am MPIfR. "Wenn man den großen Aufwand
berücksichtigt, der in die Ableitung der Gleichungen gesteckt worden ist, dann
ist es eine sehr gute Nachricht für unsere Kollegen aus der
Gravitationswellen-Astronomie, dass Einsteins Theorie auch diesen Test bestanden
hat."
Durch die Abstrahlung von Gravitationswellen verliert das System
kontinuierlich an Orbitalenergie, wodurch die zwei Sterne einander immer näher
kommen - etwa 1,4 Millimeter pro Tag. "Wir haben berechnet, dass die beiden
Sterne in 400 Millionen Jahren miteinander verschmelzen", so Tauris. Dadurch
wird der Pulsar noch mehr Materie von seinem Begleiter aufsaugen, und
möglicherweise zu einem Schwarzen Loch kollabieren.
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