Die Rotation von Schwarzen Löchern
von Stefan Deiters astronews.com
28. Februar 2013
Durch gemeinsame Beobachtungen des europäischen
Röntgenteleskops XMM-Newton und des NASA-Röntgenteleskops NuSTAR ist es jetzt
erstmals gelungen, sichere Informationen über das Rotationsverhalten eines supermassereichen Schwarzen
Lochs im Zentrum einer Galaxie zu gewinnen. Diese verraten den Astronomen einiges
über das Wachstum des Schwarzen Lochs.
Illustration der direkten Umgebung eines
supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum
einer Galaxie. Bild:
NASA/JPL-Caltech |
Das untersuchte supermassereiche Schwarze Loch mit der rund
zweimillionenfachen Masse unserer Sonne befindet sich - verborgen hinter Gas und
Staub - im Zentrum der Galaxie NGC 1365. Es dreht sich mit fast der maximalen
Geschwindigkeit um die eigene Achse, die nach Albert Einsteins allgemeiner
Relativitätstheorie möglich ist. Bislang hatte man diese Eigendrehung von
Schwarzen Löchern nicht sicher bestimmen können. Von den Messungen versprechen
sich die Astronomen ein besseres Verständnis von Schwarzen Löchern und der
Entwicklung der Galaxien, in denen sie sich befinden.
Supermassereiche Schwarze Löcher vermutet man in den Zentren nahezu aller
Galaxien. Ihr Wachstum dürfte eng mit der Geschichte der sie umgebenden Galaxie
verbunden sein. Das Rotationsverhalten der Schwarzen Löcher verrät den
Astronomen dabei etwas über die Vergangenheit von Schwarzem Loch und Galaxie. So
sollte sich beispielsweise ein Schwarzes Loch, das durch einen ständigen Strom
von Materie kontinuierlich anwächst, am Ende recht schnell um die eigene Achse
drehen.
Allerdings könnte eine schnelle Rotation auch auf die Kollision von zwei
kleineren Schwarzen Löchern hindeuten, die schließlich verschmolzen sind. Ist
das Schwarze Loch hingegen durch das Verschlucken von zahlreichen Materieklumpen
angewachsen, die aus allen Richtungen kamen, sollte es sich vergleichsweise
langsam um die eigene Achse drehen. In der Entwicklungsgeschichte eines
supermassereichen zentralen Schwarzen Lochs spiegelt sich auch immer die
Geschichte der umgebenden Galaxie wider, da schließlich nur ein Bruchteil der
Materie, aus der sich die Galaxie gebildet hat und die die Galaxie aus der
kosmischen Umgebung anzieht, im Schwarzen Loch endet.
Die Messung des Rotationsverhaltens von supermassereichen Schwarzen Löchern
ist also außerordentlich interessant, aber leider auch sehr schwierig.
Astronomen untersuchen dazu die Röntgenstrahlung, die in unmittelbarer Nähe des
Ereignishorizonts abgegeben wird. Der Ereignishorizont ist eine Grenze rund um
ein Schwarzes Loch, nach deren Überqueren es kein Zurück mehr gibt - auch nicht
für das Licht.
Supermassereiche Schwarze Löcher sind von einer sogenannten Akkretionsscheibe
umgeben, in der sich das Material sammelt bevor es schließlich im Schwarzen Loch
verschwindet. Es heizt sich dabei auf extreme Temperaturen auf und sendet daher
eine intensive Strahlung aus. Je schneller sich ein Schwarzes Loch um die eigene
Achse dreht, so sagt es Einsteins Theorie voraus, desto näher befindet sich
diese Akkretionsscheibe am Schwarzen Loch. Je näher sie aber am Schwarzen Loch
ist, desto stärker wird auch die Röntgenstrahlung von der enormen
Anziehungskraft des Schwarzen Lochs beeinflusst.
Ideal für solche Untersuchungen ist die Strahlung heißer Eisenatome, die im
Röntgenbereich bei einer bestimmten Energie eine ausgeprägte Signatur zeigt.
Diese Signatur erscheint in der Nähe des Ereignishorizonts dann - aufgrund der
Gravitationswirkung des Schwarzen Lochs - auf charakteristische Weise gestört.
So hat man in der Vergangenheit schon bei verschiedenen supermassereichen
Schwarzen Löchern auf eine extrem schnelle Eigendrehung geschlossen.
Es gab bislang allerdings ein Problem: Die "verschmierte" Signatur der heißen
Eisenatome in der Röntgenstrahlung würde sich auch durch die Absorption der
Röntgenstrahlung durch Gaswolken erklären lassen, die sich ganz in der Nähe der
Akkretionsscheibe befinden. Bislang war es nicht möglich, zwischen diesen beiden
Erklärungsmodellen für die Beobachtungen zu unterscheiden.
Im Juli 2012 haben nun das Nuclear Spectroscopic Telescope Array (NuSTAR)
der amerikanischen Weltraumbehörde NASA und das europäische Weltraumteleskop
XMM-Newton gemeinsam das Zentrum der Spiralgalaxie NGC 1365 für rund 36
Stunden anvisiert. NuSTAR hat dabei Röntgenstrahlung höherer Energie
gemessen, XMM-Newton die niedrigerer Energie. Aus den beiden Modellen -
schnell rotierendes Schwarzes Loch und Absorption durch Gaswolken - ergeben sich
eindeutige Vorhersagen über das zu erwartende Verhältnis dieser beiden
Röntgenstrahlungsbereiche.
Die Messungen von NuSTAR und XMM-Newton, die jetzt in einem
Fachartikel in der Wissenschaftszeitschrift Nature vorgestellt werden,
stimmen nur mit einem schnell rotierenden Schwarzen Loch überein. Das deutet
darauf hin, dass das Schwarze Loch in NGC 1365 durch einen beständigen
Materiestrom angewachsen ist. Es wäre allerdings auch möglich, dass die Rotation
durch die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher infolge einer Galaxienkollision
entstanden ist.
"Wir können aber das Absorptionsmodell sicher ausschließen", so Guido
Risaliti vom INAF - Osservatorio Astrofisico di Arcetri im
italienischen Florenz, der die Untersuchung leitete. "Jetzt, wo wir wissen, wie
man die Rotation von Schwarzen Löchern sicher bestimmen kann, können wir das
Verfahren mit mehr Vertrauen nutzen, um daraus etwas über die Entwicklung der
Wirtsgalaxien der Schwarzen Löcher abzuleiten." Risaliti ist schon dabei, die
Methode bei weiteren Galaxien anzuwenden.
"Dieses Ergebnis ist ein tolles Beispiel dafür, was man erreichen kann, wenn
zwei sich ergänzende Weltraummissionen zusammenarbeiten", so Norbert Schartel,
der ESA-Projektwissenschaftler für XMM-Newton. "Diese Untersuchung wäre
nicht möglich gewesen, wenn die beiden Weltraumteleskope nicht im Tandem
gearbeitet hätten."
|