Der kosmische Dunst im Visier
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik astronews.com
23. Januar 2013
Mithilfe des H.E.S.S.-Teleskopsystems in Namibia ist es
Astronomen gelungen, das diffuse extragalaktische Hintergrundlicht zu messen,
das sich aus Photonen aller Sterne zusammensetzt, die jemals im Universum
geleuchtet haben. Die Messungen in unserer galaktischen Nachbarschaft liefern
auch wichtige Daten für das Verständnis der Entstehung und Entwicklung von
Galaxien.
Das
H.E.S.S.-Teleskopsystem in Namibia.
Foto: C. Föhr, H.E.S.S.-Kollaboration |
Wissenschaftlern der H.E.S.S.-Kollaboration gelangen jetzt Messungen der
Intensität des diffusen extragalaktischen Hintergrundlichts im nahen Universum.
Dabei handelt es sich um eine Art "Dunst" aus Photonen, der das Universum seit
seiner Entstehung ausfüllt. Dazu analysierten sie die mit dem
H.E.S.S.-Teleskopsystem in Namibia aufgenommenen Daten einiger der hellsten
Gammastrahlenquellen außerhalb der Milchstraße. Aus den Ergebnissen lassen sich
Schlüsse ziehen über die Entwicklung von Sternen und Galaxien. Und es lässt sich
daraus ableiten, wie weit man im Gammalicht ins Universum blicken kann. Die
Resultate wurden jetzt in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics
veröffentlicht.
Der Raum zwischen den Galaxien ist angefüllt mit Photonen, also
"Lichtteilchen", die von allen jemals im Universum existierenden Sternen
emittiert wurden. Das diffuse extragalaktische Hintergrundlicht scheint im
Sichtbaren und im Infrarot. Es ist nach dem kosmischen Mikrowellenhintergrund
die diffuse Strahlung mit der zweithöchsten Intensität. Aus unserer Milchstraße
heraus ist es aber nur schlecht möglich, dieses fossile Licht direkt zu
beobachten.
Durch Verwendung von Gammastrahlen (die rund eine Billion mal energiereicher
sind als sichtbares Licht), also mit einer indirekten Methode, umgehen die
Astrophysiker dieses Problem. Ein von einer entfernten Galaxie emittierter
Gammastrahl wird auf seinem Weg zur Erde durch Wechselwirkung mit diffusem Licht
abgeschwächt: wenn ein hochenergetisches Gammaphoton mit einem Photon des
Hintergrundlichts zusammenstößt, werden beide in ein Elektron/Positron-Paar
umgewandelt (ein Positron ist das Antiteilchen des Elektrons), wodurch sich die
Intensität des Gammastrahls verringert. Je dichter der Dunst aus diffusen
Photonen ist, desto stärker ist die Abschwächung des Gammastrahls und desto
weniger weit kann man im Gammalicht ins Universum blicken.
Die an der Erde ankommenden hochenergetischen Gammaphotonen lösen in der
Erdatmosphäre Teilchenschauer aus, die kurze Lichtblitze erzeugen. Diese werden
von den Teleskopen des High Energy Stereoscopic System (H.E.S.S.) in
Namibia beobachtet. Die Astrophysiker analysierten die Spektren einiger relativ
naher Blazare. Bei diesen Objekten handelt es sich um hell im Gammalicht
leuchtende Galaxien, in deren Zentrum ein aktives Schwarzes Loch Materie
verschlingt, wobei ein "Jet" aus relativistischen Teilchen in Richtung Erde
geschleudert wird.
Dabei zeigte sich klar die Absorption hochenergetischer Gammastrahlen durch
das extragalaktische Hintergrundlicht - deren Berücksichtigung ist zur Erklärung
der Spektren sogar unerlässlich. Die Messungen liefern die bisher genauesten
Werte für die Intensität des im Universum enthaltenen Sternenlichts im
sichtbaren und infraroten Bereich und seine spektrale Verteilung. Ein besseres
Verständnis dieses diffusen Lichts, das quasi ein Archiv des leuchtenden
Universums darstellt, könnte auch zu neuen Erkenntnissen über die ersten Sterne,
ihre Entstehung und die Entwicklung von Galaxien führen.
Mit den neuen Daten können nun kosmologische Modelle optimiert werden, um die
Rate und die Prozesse der Sternbildung seit der Entstehung des Universums besser
zu beschreiben. Und aus den Ergebnissen lässt sich bestimmen, wie die Größe des
im Gammalicht beobachtbaren Universums mit zunehmender Energie der Gammaphotonen
abnimmt. Ergänzende Messungen an weiter entfernten Blazaren wurden von der
Fermi-LAT-Kollaboration mit dem Large Area Telescope (LAT) auf dem
Fermi-Satelliten gemacht, das Gammastrahlen mit niedrigerer Energie
detektiert (astronews.com berichtete).
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