Ein galaktischer Volltreffer
von Stefan Deiters astronews.com
7. Dezember 2012
Das Objekt NGC 922 besteht aus rötlich schimmernden Nebeln,
die eine recht durcheinandergeratene Spiralgalaxie wie ein Ring umgeben. Ihr
eigentümliches Aussehen, das auf einem jetzt veröffentlichten Bild des
Weltraumteleskops Hubble schön zu erkennen ist, verdankt das System der
schicksalhaften Begegnung mit einer Galaxie, die vor einiger Zeit genau durch
das Zentrum von NGC 922 geflogen ist.
Auf den ersten Blick fällt auf, dass es sich bei NGC 922, die auf einer am
Donnerstag veröffentlichten Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble zu
sehen ist, um keine normale Spiralgalaxie handelt. Ihre Arme sind arg
durcheinandergeraten, ein langer Strom aus Sternen hat sich gebildet und ein
heller Ring aus Nebeln umgibt den Zentralbereich der Galaxie.
Das eigentümliche Aussehen von NGC 922 ist das Ergebnis eines galaktischen
Volltreffers vor etwa 330 Millionen Jahren. Die kleinerer Galaxie 2MASXI
J0224301-244443 flog damals direkt durch das Zentrum von NGC 922 und kam
dahinter wieder zum Vorschein. Auf Weitwinkelaufnahmen dieser Himmelsregion im
südlichen Sternbild Chemischer Ofen lässt sich die kleine Galaxie noch immer
ausmachen.
Galaxien bestehen größtenteils aus leerem Raum, weshalb Galaxienkollisionen
auch nicht mit Kollisionen zu vergleichen sind, die wir auf der Erde kennen. Die
Systeme können sich einfach durchdringen, beeinflussen sich aber durch ihre
Schwerkraft gegenseitig. So hat auch die kleinere Galaxie bei ihrem Flug durch
NGC 922 Gaswolken durcheinandergewirbelt, die dadurch an einigen Stellen
komprimiert wurden, so dass eine heftige Phase von Sternentstehung einsetzte.
Die intensive Strahlung der jungen Sonnen brachte dann das übrige Gas zum
Leuchten. Die rötlichen Nebel sind dafür ein Beleg. Ursache für das Leuchten ist
angeregtes Wasserstoffgas, das den größten Teil von interstellaren Gaswolken
ausmacht.
Wären die beiden Galaxien während der Kollision optimal zueinander
ausgerichtet gewesen, hätte der Ring aus Nebeln einen gleichmäßigen Kreis bilden
müssen. Das ist allerdings nur sehr selten der Fall, weshalb auch hier der
Nebelring auf einer Seite deutlich ausgeprägter ist.
Solche "Ringgalaxien", die durch Kollisionen von zwei verschieden großen
Systemen entstehen, sind ausgesprochen selten. Kollisionen kommen zwar häufig im
Universum vor, doch stimmt das Größenverhältnis der beteiligten Systeme und die
genaue Anordnung der Galaxien nur sehr selten. Darüber hinaus sind die Ringe aus
Nebeln vergleichsweise kurzlebig.
In unserer kosmischen Nachbarschaft kennt man dann auch nur ganz wenige
Galaxien dieses Typs. Das bekannteste Beispiel dürfte die Wagenradgalaxie im
Sternbild Bildhauer sein, die im Juli als unser
Bild des Tages zu sehen war. In größerer Entfernung allerdings - und damit
im jüngeren Universum - sind diese Ringgalaxien aber offenbar häufiger.
NGC 922 ist rund 157 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. Das Bild
wurde aus Beobachtungen mit der Wide Field and Planetary Camera 2 und
der Wide Field Camera 3 des Weltraumteleskops Hubble im
sichtbaren Bereich des Lichts und im nahen Infrarot zusammengesetzt.
|