Saturnmond Titan leuchtet im Dunklen
von Stefan Deiters astronews.com
1. November 2012
Der größte Saturnmond Titan leuchtet ganz schwach im
Dunklen. Das ergab die Auswertung von lange belichteten Aufnahmen der
Saturnsonde Cassini. Besonders überraschte die Astronomen, dass das
Leuchten nicht hauptsächlich aus dem oberen Teil der Atmosphäre des Trabanten zu
kommen scheint, sondern vor allem aus tieferen Schichten.
Der eigentlich
dunkle Titan in einer Langzeitaufnahme der Sonde
Cassini. Aus der höheren Atmosphäre (äußere
Linie) ist ein schwaches Leuchten zu erkennen,
der größte Teil stammt aber aus tieferen
Schichten. Reflektiertes Licht vom Saturn wurde
aus dem Bild bereits herausgerechnet.
Bild: NASA/JPL-Caltech/Space Science
Institute |
"Titan leuchtet offenbar im Dunklen - wenn auch nur sehr schwach", so Robert
West vom Jet Propulsion Laboratory der NASA, der Erstautor eines jüngst
erschienenen Fachartikels über die Beobachtungen in den Geophysical Research
Letters. "Es ist wie bei einer Neonröhre, wo Elektronen mit Neonatomen
zusammenstoßen und diese zum Leuchten anregen. Wir sehen hier Licht, das
entsteht, wenn geladene Partikel auf Stickstoffatome in der Titanatmosphäre
treffen."
Für die Wissenschaftler ist der Einfluss von Sonnenenergie und geladenen
Partikeln auf die Prozesse in der Titanatmosphäre von großem Interesse, da dabei
auch komplexere, organische Verbindungen entstehen können, von denen schon
einige in der Atmosphäre des Saturntrabanten nachgewiesen wurden.
"Wissenschaftler wollen wissen, wie genau die chemischen Reaktionen zustande
kommen, durch die die schweren Moleküle entstehen, die den dichten Schleier aus
organischen Stoffen in der Titanatmosphäre bilden", erläutert Linda Spilker,
eine Cassini-Projektwissenschaftlerin am Jet Propulsion Laboratory.
"Diese Untersuchungen könnten uns auch einiges über die Chemie auf der jungen
Erde verraten."
Das auf der Erde als Nachthimmelsleuchten oder allgemeiner als Airglow
bezeichnete Phänomen entsteht, wenn Atome oder Moleküle in der Atmosphäre durch
ultraviolette Strahlung von der Sonne oder durch geladene Partikel angeregt
werden. Ein entsprechendes Leuchten hatten Wissenschaftler mithilfe von
Cassini schon nachweisen können, als Titan von der Sonne beschienen wurde.
2009 ergab sich dann die Gelegenheit, Titan im Saturnschatten zu beobachten und
damit herauszufinden, ob der Trabant auch im Dunklen leuchtet. Dazu nutzte
Cassini lange Belichtungszeiten von 560 Sekunden.
Die Wissenschaftler hatten erwartet, auf den Aufnahmen ein schwaches Leuchten
aus den oberen Atmosphärenschichten, ab einer Höhe von rund 700 Kilometern, zu
sehen, das durch Kollisionen mit geladenen Teilchen aus dem Saturn-Magnetfeld
entsteht. Tatsächlich war hier ein schwaches Leuchten zu erkennen, doch zur
Überraschung der Forscher leuchtete der dunkle Mond auch im sichtbaren Bereich
des Lichts - und dieses Leuchten stammte aus Regionen in einer Höhe von nur 300
Kilometern.
Auch nach Abzug des Sonnenlichts, das vom Saturn reflektiert wird, blieb ein
schwaches Leuchten des dunklen Titan sichtbar. Es stammt aus so tiefen Regionen,
dass es sich nicht durch Partikel in der Atmosphäre erklären lässt, die durch
geladene Teilchen von der Sonne angeregt worden sind. Auch Partikel aus dem
Saturn-Magnetfeld kommen hier, so die Überzeugung der Wissenschaftler, als
Erklärung für das Leuchten nicht mehr infrage.
Das Team vermutet daher, dass das Leuchten durch tiefer in die Atmosphäre
eindringende kosmische Strahlung entsteht oder durch eine Art chemische Reaktion
tief in der Atmosphäre. "Das ist schon faszinierend, weil wir so etwas noch nie
bei Titan beobachtet haben", meint West. "Das zeigt uns, dass wir noch immer
nicht alles wissen, was es über Titan zu lernen gibt und macht es noch
geheimnisvoller."
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