Das Leuchten heimatloser Sterne?
von Stefan Deiters astronews.com
26. Oktober 2012
Könnte das mysteriöse Infrarotleuchten, das man überall am
Himmel sehen kann, von einsamen, galaxienlosen Sternen stammen, die bei
Kollisionen und Verschmelzungen von Galaxien in den intergalaktischen Raum
gerissen wurden? Eine neue Auswertung von Daten des Infrarot-Weltraumteleskops
Spitzer deutet darauf hin. Das Resultat steht im Widerspruch zu einer
anderen, im Juli veröffentlichten Spitzer-Studie.
Bei der Kollision von Galaxien entstehen
lange Gezeitenarme, durch die Sterne in den
intergalaktischen Raum gelangen (künstlerische
Darstellung). Bild:
NASA/JPL-Caltech |
"Das Infrarot-Hintergrundleuchten am Himmel ist ein großes Rätsel", so
Asantha Cooray von der University of California at Irvine, der
Hauptautor einer neuen Studie, die jetzt in der Wissenschaftszeitschrift
Nature veröffentlicht wurde. "Wir haben nun neue Beweise dafür, dass dieses
Leuchten von Sternen stammt, die sich zwischen den Galaxien befinden. Einzeln
sind diese Sterne zu leuchtschwach, um sie sehen zu können, wir glauben aber,
dass wir hier ihr gemeinsames Glimmer vor uns haben."
Diese Schlussfolgerung steht allerdings im Widerspruch zu einer erst im Juli
veröffentlichten Untersuchung, die das gleiche vom Infrarot-Weltraumteleskop
Spitzer beobachtete Infrarotleuchten auf ganz andere Weise erklärt, nämlich
als Leuchten der ersten Sterne und Galaxien, die im Universum nach dem Urknall
entstanden sind (astronews.com berichtete).
Für die neue Studie betrachteten Cooray und seine Kollegen einen deutlich
größeren Bereich am Himmel, das sogenannte Bootes-Feld, das einen Durchmesser
von etwa 50 Vollmonden hat. Die Beobachtungen waren damit zwar weniger
empfindlich als die der konkurrierenden Gruppe, erlaubten aber - nach Ansicht
der Wissenschaftler - eine bessere Analyse der Muster in der
Hintergrundstrahlung.
"Wir haben das Bootes-Feld mit Spitzer für insgesamt 250 Stunden
anvisiert", so Teammitglied Daniel Stern vom Jet Propulsion Laboratory
der NASA. "Die Untersuchung des Infrarothintergrunds war eines unserer primären
Ziele und wir haben die Beobachtungen extra so angelegt, um die wichtige Frage
zu klären, was der Grund für dieses Hintergrundleuchten ist."
Nach Ansicht der Wissenschaftler lässt sich das Muster des Infrarotleuchtens
nicht mit Theorien und Computersimulationen über die ersten Sterne und Galaxien
in Übereinstimmung bringen. Es sei, so die Forscher, zu hell, um von den ersten
Galaxien zu stammen, die sich im Universum gebildet haben. Stattdessen schlagen
sie eine alternative Erklärung vor: Das Leuchten könnte von Sternen herrühren,
die sich zwischen den Galaxien befinden.
Nach Ansicht von Astronomen sollte es solche Sterne tatsächlich geben: Sie
dürften ursprünglich einmal Teil einer Galaxie gewesen sein, wurden dann aber
bei Kollisionen oder dichten Begegnungen aus ihrem Heimatsystem gerissen. Bei
Beobachtungen von wechselwirkenden Galaxien sind teilweise eindrucksvolle lange
Gezeitenarme zu erkennen, also lange Ströme aus Gas und Sternen, die von der
Galaxie ins All hinausragen. Solche Sterne würden dann irgendwann als einsame
Sonnen im intergalaktischen Raum enden. Auch wenn eine größere Galaxie eine
Zwerggalaxie verschluckt, können Sterne ins All geschleudert werden.
"Es war ein Gedankenblitz bei der Lektüre einiger Fachartikel, in denen die
Existenz dieser diffusen Sterne vorhergesagt wurde", erinnert sich Cooray. "Sie
könnten erklären, was wir mit Spitzer beobachten." Sicher können sich
die Astronomen allerdings noch nicht sein, ob ihr Erklärungsmodell richtig ist
und die einsamen Sterne tatsächlich einen bedeutenden Teil zum
Infrarothintergrund beitragen. Die Wissenschaftler hoffen, dass sich nach dem
Start des James Webb Space Telescope das Rätsel des
Infrarothintergrunds endgültig aufklären wird. Der Hubble-Nachfolger
sollte nämlich in der Lage sein, sowohl die ersten Sterne und Galaxien als auch
die zwischen den Galaxien vagabundierenden Sterne direkt zu beobachten.
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