Farbenfroher kosmischer Möwenkopf
von Stefan Deiters astronews.com
2. Oktober 2012
Eine in der vergangenen Woche von der europäischen
Südsternwarte ESO veröffentlichte Aufnahme zeigt einen faszinierenden Blick in
eine stellare Kinderstube. Das Bild entstand mit Hilfe des Wide Field Imager
am 2,2-Meter-Teleskop der ESO in La Silla. Zu sehen ist eine leuchtende
Gaswolke, deren Form etwas an den Kopf einer durch das All fliegenden Möwe
erinnert.
Der Nebel Sharpless 2-292 in der neuen
Aufnahme des 2,2-Meter-Teleskops in La Silla.
Bild: ESO [Großansicht] |
Nebel gehören mit zu den faszinierendsten und schönsten Objekten am
nächtlichen Himmel. Es handelt sich dabei um Ansammlungen von Staub und Gas, die
entweder, zum Beispiel durch die Strahlung eines nahen Sterns, zum
eigenständigen Leuchten angeregt wurden, oder aber die Strahlung anderer Sterne
einfach nur reflektieren. Nebel können auf ganz unterschiedliche Art und Weise
entstehen, in ihnen bilden sich neue Sterne oder sie umgeben, im Fall von
Planetarischen Nebeln oder gar Supernova-Überresten, sterbende oder explodierte
Sonnen. Entsprechend groß ist die Vielfalt an Formen, die immer wieder die
Fantasie der Astronomen anregten.
So ist es auch im Falle des Nebels Sharpless 2-292, der hell leuchtend an den
Kopf einer Möwe erinnert. Er ist Teil eines größeren, unter der Bezeichnung IC
2177 bekannten Nebels, der sich über eine Region von über 100 Lichtjahren
erstreckt und ein wenig wie eine Möwe im Flug aussieht. Der Nebel befindet sich
in einer Entfernung von rund 3.700 Lichtjahren in der Grenzregion zwischen den
Sternbildern Einhorn und Großer Hund.
Grund für das helle Leuchten des Möwenkopfes ist vor allem die Strahlung
eines jungen Sterns, nämlich von HD 53367, der etwa die 20-fache Masse unserer
Sonne hat. Der junge Stern verfügt zudem über einen Begleiter mit der etwa
5-fachen Sonnenmasse. HD 53367 ist in der Mitte des Bildes zu sehen und stellt
praktisch das Auge der Möwe dar.
Die Strahlung bringt das Wasserstoffgas des Nebels in einem
charakteristischen Rot zum Leuchten. Astronomen nennen solche Gebiete
HII-Regionen, da der Wasserstoff in diesem Bereich ionisiert ist, die Elektronen
also nicht mehr an Protonen gebunden sind. Fangen die Protonen sich dann wieder
ein Elektron ein und werden somit zu einem ungeladenen Wasserstoffatom, wird
Energie in Form von Strahlung einer ganz charakteristischen Wellenlänge frei.
Anderes Licht der hellen, bläulich weißen Sterne der Region wird einfach nur
an den Staubpartikeln des Nebels gestreut und sorgt so für einen bläulichen
Schimmer in einigen Bildbereichen. Das Bild wurde mit dem Wide Field Imager
des 2,2-Meter-Teleskops der europäischen Südsternwarte in La Silla gemacht.
Sharpless 2-292, kurz Sh 2-292, ist auch unter der Bezeichnung RCW 2 und Gum
1 bekannt. Der erste Name bezieht sich auf den zweiten, 1959 veröffentlichten
Sharpless-Katalog von HII-Regionen, in dem das Objekt an 292. Stelle aufgeführt
wird. RCW steht für einen 1960 erschienenen Katalog der Astronomen Rodgers,
Campbell und Whiteoak und Gum bezieht sich auf einen von Colin Gum
zusammengestellten und 1955 erschienenen Katalog.
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