Nahe Zwerggalaxie mit hellem Nebel
von Stefan Deiters astronews.com
10. Mai 2012
Die ESA hat heute ein neues Bild des zentralen Bereichs der
Zwerggalaxie NGC 2366 veröffentlicht, das auf Daten des Weltraumteleskops
Hubble basiert. Das System ist uns so nahe, dass Hubbles scharfe
Augen individuelle Sterne darin ausmachen können und verfügt zudem über einen
ausgedehnten hellen Nebel, in dem gerade neue Sonnen entstanden sind.
Auf den ersten Blick erinnert NGC 2366 nicht an eine Galaxie, fehlen dem
System doch die eindrucksvollen Spiralarme, die man von vielen größeren Galaxien
kennt. Da NGC 2366 auch deutlich kleiner ist als beispielsweise unsere
Milchstraße, ordnen die Astronomen das System als "Zwerggalaxie" ein. Wegen der
fehlenden klar definierbaren Strukturen, wird die kleinen Galaxie
zudem als "irregulär" klassifiziert, genau wie die Magellanschen Wolken, die
beiden Satellitengalaxien der Milchstraße.
Eine Struktur in NGC 2366 fällt allerdings sofort ins Auge: Es ist der helle
Nebel am oberen rechten Rand des Bildes, der sogar eine eigene Nummer im New
General Catalogue bekommen hat und unter der Bezeichnung NGC 2363 bekannt ist.
Hier, und auch in anderen Regionen der Galaxie, entstehen gerade neue Sterne,
deren Masse oft deutlich über der Masse unserer Sonne liegt. Diese jungen, blauen Riesensterne sind in
der gesamten Zwerggalaxie auszumachen.
Da massereiche Sterne nur eine sehr kurze Lebenserwartung haben, deutet die
Vielzahl dieser massereichen Sonnen darauf hin, dass es in NGC 2366 erst vor
relativ kurzer Zeit einen heftigen Ausbruch von Sternentstehungsaktivität
gegeben haben muss. Die stellaren Giganten sind auch für das Aufleuchten des
Nebels NGC 2363 verantwortlich. Ihre intensive ultraviolette Strahlung regt
nämlich das Wasserstoffgas des Nebels zum Leuchten an. Kleinere, ähnlich leuchtende
Bereiche lassen sich auch an anderen Stellen in der Galaxie ausmachen.
Die Farben auf dieser Hubble-Aufnahme sind übrigens irreführend: Nebel aus
leuchtendem Wasserstoff scheinen eigentlich leicht rötlich. NGC 2366 wurde aber
durch einen Grün- und einen Infrarotfilter aufgenommen, die Nebel sind daher hier in
einem bläulichen Farbton zu sehen.
Die gelbliche Spirale ganz in der Nähe des hellen Nebels hat übrigens nichts
mit der Zwerggalaxie zu tun. Hierbei handelt es sich um eine deutlich weiter
entfernte Spiralgalaxie, die wir durch die Sterne von NGC 2366
hindurch erkennen können. Galaxien - und nicht nur Zwerggalaxien - bestehen eben
hauptsächlich aus leerem Raum, so dass man bei ausreichender Auflösung ohne
weiteres durch sie hindurchschauen kann.
NGC 2366 und der Nebel NGC 2363 sind rund zehn Millionen Lichtjahre von der
Erde entfernt und liegen im Sternbild Giraffe. Die Hubble-Aufnahme zeigt einen
Bereich von etwa 5,5 Bogenminuten, was etwas mehr als ein Fünftel des
Durchmessers des Vollmondes entspricht. Trotz dieser relativen Größe am Himmel
ist NGC 2366 viel zu lichtschwach, um mit bloßem Auge beobachtet werden zu
können.
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