ESA erklärt Envisat-Mission für beendet
Redaktion
/ Pressemitteilung der ESA astronews.com
9. Mai 2012
Im Februar hatte die europäische Weltraumagentur ESA noch
das zehnjährige Jubiläum ihres Umweltsatelliten Envisat gefeiert, heute hat sie
die Mission nun offiziell für beendet erklärt. Vor einem Monat war der Kontakt
zu Envisat abgebrochen und dieser konnte, trotz intensiver Bemühungen, nicht
wieder hergestellt werden. Trotz des Missionsendes sollen die Kontaktversuche
aber noch fortgesetzt werden.
Arbeitete doppelt so lange wie ursprünglich
geplant: der europäische Umweltsatellit Envisat.
Bild: ESA |
Am 8. April, nur wenige Wochen nach dem zehnten Jahrestag von Envisat
in der Umlaufbahn, war der Kontakt zu dem Satelliten plötzlich
abgebrochen (astronews.com berichtete). Nach intensiven, aber erfolglosen Bemühungen um eine
Wiederherstellung der Verbindung und der Untersuchung möglicher Ausfallszenarien
wurde die Mission heute von der europäischen Weltraumagentur ESA für beendet
erklärt.
Ein Team von Ingenieuren hat während des vergangenen Monats versucht, die
Kontrolle über Envisat zurückzuerlangen, und dabei mögliche Ursachen
für das Problem unter die Lupe genommen. Trotz kontinuierlicher Befehle eines
weitverzweigten Netzes von Bodenstationen gab es bisher keine Reaktion des
Satelliten.
Da vor dem Abbruch der Verbindung nichts auf etwaige Schäden hinwies, war das
Team auf Informationen aus anderen Quellen angewiesen, um etwas über den Zustand
des Satelliten zu erfahren. So wurden etwa Bildaufnahmen von Radarstationen und
auch Bilder des französischen Pleiades-Satelliten ausgewertet. Anhand
dieser Daten hat das Team mögliche Ausfallszenarien ausgearbeitet. Eins dieser
Szenarien ist der Ausfall des Leistungsreglers, wodurch die Telemetrie und
Fernsteuerung blockiert worden wäre.
Eine andere Möglichkeit ist ein Kurzschluss, durch den der Satellit in einen
"abgesicherten Modus" versetzt worden wäre. Dabei handelt es sich um einen
besonderen Modus zur Gewährleistung des "Überlebens" von Envisat.
Während des Übergangs in den abgesicherten Modus allerdings könnte es zu einer
zweiten Anomalie gekommen sein, aufgrund der sich der Satellit nun in einem
unbekannten Zwischenzustand befände.
Obgleich die Chancen, Envisat zu retten, als äußerst gering
eingeschätzt werden, wird das Untersuchungsteam noch zwei Monate lang versuchen,
den Kontakt wiederherzustellen, und dabei weitere mögliche Ausfallszenarien
prüfen. Die über ein Jahrzehnt fehlerfreie Funktion des Satelliten hatte die
Hoffnung geweckt, dass Envisat noch mehrere Jahre, zumindest aber bis
zum Start der Sentinel-Nachfolgemissionen Daten liefern würde. Diese Hoffnung
hat sich nun zerschlagen.
Envisat war ursprünglich nur für eine fünfjährige Missionsdauer
ausgelegt und hat damit doppelt so lange funktioniert, wie geplant. Mit seinen
zehn ausgefeilten Sensoren hat Envisat während seines zehnjährigen
Betriebs die Landoberflächen der Erde, ihre Atmosphäre, ihre Ozeane und ihre
Eisdecken beobachtet und überwacht und über tausend Terabyte an Daten
übermittelt. Bisher wurden anhand dieser Daten schätzungsweise 2.500
wissenschaftliche Veröffentlichungen erstellt.
Im Verlauf der Mission hat Envisat den schrittweisen Rückgang des
arktischen Meereises und die regelmäßige Öffnung der polaren Seewege während der
Sommermonate ebenso beobachtet wie - gemeinsam mit anderen Satelliten - die
weltweite Höhe des Meeresspiegels und regionale Abweichungen sowie mit einer
Genauigkeit von wenigen Zehntel Grad die weltweiten Oberflächentemperaturen der
Ozeane. Envisat-Daten haben auch zu einem besseren Verständnis von
Ozeanströmungen und Chlorophyllkonzentrationen beigetragen.
In der Atmosphäre hat der Satellit die Zunahme der Luftverschmutzung in Asien
und ihre Stabilisierung in Europa und Nordamerika beobachtet und Kohlendioxid-
und Methankonzentrationen gemessen. Auch die Schwankungen des Ozonlochs über der
Antarktis hatte Envisat im Blick. Über Land wurden die Geschwindigkeit
von Eisströmen in der Antarktis und in Grönland kartiert. Die daraus gewonnenen
Abbildungen wurden regelmäßig zur Aktualisierung der weltweiten
Landnutzungskarten verwendet, was die Auswirkungen von Rodungen einschloss.
Mit seinem abbildenden Radar veranschaulichte Envisat von Erdbeben
und Vulkanausbrüchen verursachte Bodenbewegungen, was zur Verbesserung des
Verständnisses von Tektonik und vulkanischen Mechanismen beigetragen hat.
Envisat hat aber nicht nur der Wissenschaft, sondern auch zahlreichen anderen
Stellen wichtige Erdbeobachtungsdaten geliefert, die etwa
Zivilschutzbehörden bei der Bewältigung von Natur- und menschengemachten
Katastrophen unterstützt haben.
Nachfolger von Envisat sollen gleich mehrere Sentinel-Missionen werden. Der
Start des ersten Sentinel-Satelliten ist allerdings erst für das kommende Jahr geplant.
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