Forscher entdecken neues Teilchen
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Zürich astronews.com
30. April 2012
Es ist zwar nicht das lange gesuchte Higgs-Teilchen, das Physiker nun am
Large Hardron Collider (LHC) des CERN in Genf entdeckt haben,
doch ist der Nachweis eines bislang noch nicht beobachteten Baryons ein
wichtiges Indiz für die Richtigkeit der Theorien der Teilchenphysiker.
Auch der Fund des Higgs-Teilchen könnte damit nun in greifbare Nähe
gerückt sein.
Der Detektor CMS
während des Aufbaus im Jahr 2007.
Foto: CERN / CMS Collaboration |
Protonen und Neutronen sind schon längst nicht mehr die kleinsten
Einheiten in der Welt der Teilchenphysiker. Auch diese, wohl vielen noch
aus dem Schulunterricht bekannten Partikel, bestehen aus noch kleineren
Bestandteilen, nämlich aus drei sogenannten Quarks. Sie gehören damit zu
einer von den Wissenschaftlern als Baryonen bezeichneten Partikelgruppe,
die alle aus jeweils drei Quarks zusammengesetzt sind.
Die Quarks sind eine Gruppe von insgesamt sechs Teilchen, die sich durch
ihre Masse und ihre Ladung unterscheiden. Aus den beiden leichtesten
Quarks, dem sogenannten up- und down-Quark, werden unter anderem das
Proton und das Neutron gebildet, die einzigen beiden natürlich - also
außerhalb von Experimenten - vorkommenden Baryonen. Doch auch alle
anderen, aus den drei leichtesten Quarks (dem up-, down- und dem strange-Quark)
gebildeten Baryonen, konnten die Wissenschaftler schon nachweisen.
Von den Baryonen mit schweren Quarks wurden allerdings bisher erst
wenige beobachtet. Sie können nämlich nur in Teilchenbeschleunigern
künstlich erzeugt werden, da sie schwer und sehr instabil sind. Mit
Hilfe eines Experimentes am Large Hardron Collider des Genfer
CERN ist es einem Team von Physikern, darunter Claude Amsler, Vincenzo
Chiochia und Ernest Aguiló von der Universität Zürich, nun gelungen, ein
bislang unbekanntes Baryon aus einem leichten und zwei schweren Quarks
nachzuweisen.
Das neue Teilchen mit der Bezeichnung Xib* besteht aus einem
up-, einem strange- und einem bottom-Quark (abgekürzt "usb"), ist
elektrisch neutral und hat einen Spin von 3/2 . Seine Masse ist mit
derjenigen eines Lithium-Atoms vergleichbar. Mit der neuen Entdeckung
sind nun zwei der drei von der Theorie vorausgesagten Baryonen in der
Zusammensetzung usb beobachtet worden.
Als Grundlage der Entdeckung dienten Daten, die im Compact Muon
Solenoid (CMS)-Detektor gesammelt wurden, an dessen Entwicklung die
Universität Zürich beteiligt war. Das neue Teilchen kann nicht direkt
nachgewiesen werden, da es zu instabil ist, um vom Detektor erfasst zu
werden. Xib* zerfällt jedoch in einer bekannten Kaskade von
Zerfallsprodukten. Aguiló identifizierte in den Messdaten Spuren der
jeweiligen Zerfallsprodukte und konnte daraus eine Reihe rekonstruieren,
an deren Ausgangspunkt ein Xib*-Zerfall stand. Die
Berechnungen beruhen auf Daten von Protonenkollisionen mit einer Energie
von sieben Tera-Elektronenvolt, die zwischen April und November 2011 vom
CMS-Detektor gesammelt wurden.
Insgesamt konnten 21 Zerfälle eines Xib*-Baryons entdeckt
werden, was mehr als fünfmal mehr ist, als aufgrund eines reinen
statistischen Zufalls zu erwarten gewesen wäre. Die Entdeckung des neuen
Teilchens ist, so die Forscher, eine Bestätigung der fundamentalen
Theorie über das Bindungsverhalten von Quarks und leistet damit auch
einen Beitrag zum Verständnis der starken Wechselwirkung, die als eine
der vier Grundkräfte der Physik die Struktur der Materie bestimmt.
Der Fund eines vergleichsweise schweren Baryons mit dem CMS-Detektor
stimmt die Physiker zudem zuversichtlich, schon bald auch das Higgs-Teilchen
zu entdecken, für dessen Nachweis das CMS-Experiment entwickelt worden
war. "Wenn das Higgs-Teilchen so schwer ist und sich so verhält, wie es
gemäß der Theorie zu erwarten wäre, dann werden wir es noch in diesem
Jahr finden", so Chiochia. Die Ergebnisse des Teams wurden bei der
Fachzeitschrift Physical Review Letters zur Veröffentlichung
eingereicht.
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