Dritter ESA-Raumfrachter startbereit
Redaktion
/ Pressemitteilung der ESA astronews.com
1. März 2012 (Update 2. März 2012, 18 Uhr)
Ende kommender Woche soll zum dritten Mal ein europäischer Raumfrachter
zur Internationalen Raumstation ISS aufbrechen. An Bord des ATV
Edoardo Amaldi werden neuer Treibstoff, Wasser, Sauerstoff und
andere Versorgungsgüter zur ISS gebracht. Die ATV sind inzwischen die
größten ISS-Versorgungsraumschiffe und sollen bis 2014 im jährlichen
Rhythmus starten.
Das erste ATV Jules Verne nach dem Abdocken von
der ISS am 5. September 2008.
Bild: ESA TV |
Der dritte europäische Raumfrachter, das Automated Transfer Vehicle
(Automatisches Transferfahrzeug, kurz ATV) Edoardo Amaldi, ist
bereit für seinen Flug zur Internationalen Raumstation ISS. Der Start
soll am 9. März um 11.05 Uhr MEZ an Bord einer Ariane 5 vom
europäischen Raumflughafen in Kourou in Französisch-Guayana aus
erfolgen. Mit der Mission des ATV Edoardo Amaldi will die
europäische Weltraumagentur ESA an die beiden erfolgreichen
Versorgungsflüge der ATV Jules Verne im März 2008 und
Johannes Kepler im Februar 2011 anschließen.
Benannt ist das dritte ATV nach dem italienischen Physiker und
Raumfahrtpionier Edoardo Amaldi, einem der Gründungsväter der
Europäischen Weltraumforschungsorganisation ESRO (einem der Vorläufer
der ESA) und des Europäischen Kernforschungszentrums CERN. Amaldi war
maßgeblich an der Entdeckung langsamer Neutronen beteiligt.
Bei diesem dritten in Serie produzierten ATV konnten Fertigung und Start
zum ersten Mal innerhalb des anvisierten Zeitraums von einem Jahr
durchgeführt werden. Damit werden die Raumtransporter ab jetzt im
Jahresrhythmus als Versorgungsfahrzeuge für die ISS produziert, womit
Europa beim Betrieb des orbitalen Außenpostens eine entscheidende Rolle
zukommt. Die nächsten ATV mit den Namen Albert Einstein und
Georges Lemaître sollen 2013 und 2014 gestartet werden.
Die ATV dienen der Versorgung der ISS mit lebenswichtigem Nachschub und
Treibstoff sowie der Bahnanhebung der Raumstation. Mit mehr als 20
Tonnen ist dieses technisch hochkomplexe Raumfahrzeug die schwerste von
Europa jemals gestartete Nutzlast. Das ATV kann als autonom fliegende
Plattform, als manövrierfähiges Raumfahrzeug und im angedockten Zustand
als zusätzliches Raumstationsmodul verwendet werden.
Zur Ausführung des automatischen Andockmanövers gemäß den extrem
strengen Sicherheitsbestimmungen der bemannten Raumfahrt verfügt das ATV
über hochpräzise Navigationssysteme, eine redundant ausgelegte
Flugsoftware und ein völlig autonomes Antikollisionssystem mit
unabhängiger Stromversorgung, Kontrolle und eigenständigen Triebwerken.
Mit einer Länge von rund zehn Metern und einem Durchmesser von 4,5
Metern umfasst das ATV ein 45 Kubikmeter großes Druckmodul und ein
russisches Andocksystem, das den bei den bemannten Sojus-Raumflügen
und den Progress-Versorgungsfahrzeugen eingesetzten Systemen
nachempfunden ist. Mit ausgefahrenen Solarpaneelen beträgt die
Spannweite des ATV 22 Meter. Es ist damit dreimal so groß wie der
russische Progress-Raumtransporter und bietet auch das
Dreifache an Frachtkapazität. Seit dem Ende der amerikanischen
Space-Shuttle-Flüge im letzten Jahr ist das ATV das größte
Versorgungsfahrzeug für die ISS.
Das ATV-3 wird 4.395 Kilogramm an Treibstoff, Sauerstoff, Luft und
Wasser zur Raumstation befördern. Sobald das ATV an die ISS angedockt
hat, werden seine Triebwerke zur regelmäßigen Anhebung der Umlaufbahn
der ISS genutzt, um deren auf den atmosphärischen Widerstand
zurückzuführende natürliche Absenkung auszugleichen. Außerdem kann das
ATV eingesetzt werden, um Ausweichmanöver durchzuführen, falls
potenziell gefährlicher Weltraumschrott der bemannten Raumstation zu
nahe kommt.
Bevor Edoardo Amaldi wieder von der ISS ablegt, wird der
Raumtransporter mit Müll und von der Bordmannschaft nicht mehr
benötigtem Gerät beladen. Anschließend wird er über dem Südpazifik seine
Umlaufbahn verlassen und beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre
gefahrlos verglühen.
Gebaut wurde das ATV von Astrium, das als Hauptauftragnehmer einem Team
von mehr als 30 Unterauftragnehmern in zehn verschiedenen europäischen
Ländern vorsteht. Das ATV-Kontrollzentrum befindet sich in Toulouse in
den Einrichtungen der französischen Raumfahrtagentur CNES.
Update (2. März 2012, 18 Uhr): Nach einer
Routineuntersuchung hat die ESA entschieden, den Start des ATV-3 zu
verschieben. Genaue Gründe für die Verschiebung wurden nicht genannt,
nur dass "zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um die maximale
Startbereitschaft des dritten Automatischen Transferfahrzeugs (ATV 3) zu
gewährleisten". Ein neuer Starttermin steht noch nicht fest.
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