Das Geheimnis einer hellen Röntgenquelle
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
24. Februar 2012
Seit Langem rätseln Astronomen darüber, um was es sich bei den
ultraleuchtkräftigen Röntgenquellen handeln könnte, die man in Galaxien
sowohl im nahen als auch im entfernten Universum beobachtet hat. Jetzt
gelang es einem Forscherteam ein solches Objekt in unserer
Nachbargalaxie Andromeda aufzuspüren und nachzuweisen, dass es ein
stellares Schwarzes Loch enthält.
Dieses Bild zeigt den zentralen Bereich der
Andromedagalaxie im Röntgenlicht. Die neu
entdeckte ULX überstrahlt alle anderen Quellen.
Bild: Landessternwarte Tautenburg,
XMM-Newton, MPE [Großansicht] |
Ultraleuchtkräftige Röntgenquellen (ultra-luminous X-ray source,
kurz ULX) faszinieren Astronomen schon lange. Ihnen ist nämlich bislang
nicht wirklich klar, warum diese Objekte, die man sowohl im nahen als
auch im fernen Universum findet, mit einer so bemerkenswert hohen
Leuchtkraft strahlen. Da sie ziemlich selten sind - in einer Galaxie
gibt es höchstens ein oder zwei ULX - stehen den Astronomen nur
spärliche Daten für ihre Studien zur Verfügung. Nicht verwechseln sollte
man die ULX übrigens mit den aktiven supermassereichen Schwarzen Löcher
in den Galaxienzentren, die auch stark im Röntgenbereich leuchten.
Bislang gibt es zwei konkurrierende Modelle, mit denen sich die hohe
Leuchtkraft dieser Röntgenquellen erklären lassen würde: Entweder
handelt es sich um stellare Schwarze Löcher, die extrem viel Materie
verschlucken, oder es sind Schwarze Löcher mittlerer Masse, die Materie
auf einem niedrigeren Niveau schlucken. Diese vermuteten
Mittelklasse-Schwarzen-Löcher sind deutlich massereicher als stellare
Schwarze Löcher, reichen aber nicht an die gewaltigen Massen der
supermassereichen Schwarzen Löcher in den Zentren von Galaxien heran.
Eine der größten Schwierigkeiten, um dieses Rätsel zu lösen, ist
die große Entfernung zu den Objekten, die detaillierte Beobachtungen
schwierig oder sogar unmöglich macht. Zwei Forscherteams haben nun eine
ungewöhnliche Röntgenquelle in der Andromedagalaxie (M31) beobachtet.
Diese nächste große Nachbargalaxie unserer Milchstraße ist nur rund zwei
Millionen Lichtjahre entfernt und wird - im Rahmen einer fortlaufenden
Kampagne - in regelmäßigen Abständen durch die Röntgen-Weltraumteleskope
Chandra und XMM-Newton überwacht. Die Kampagne leiten
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik
(MPE).
Das neue Objekt wurde Ende 2009 mit Hilfe von Chandra entdeckt
und von den MPE-Wissenschaftlern sofort als ULX mit niedriger
Leuchtkraft eingestuft. Dabei war das Objekt im Röntgenlicht anfangs so
hell wie die gesamte Andromeda-Galaxie. Es handelt sich damit nicht nur
um die erste ULX in dieser Spiralgalaxie, sondern auch um die
nächstgelegene ULX überhaupt. Folgebeobachtungen mit den Satelliten
Swift und dem Weltraumteleskop Hubble lieferten dann
wichtige ergänzende Daten über das Objekt.
"Wir hatten großes Glück, dass wir die ULX früh genug entdeckt haben, um
fast die komplette Lichtkurve aufzeichnen zu können, " erklärt Wolfgang
Pietsch vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. "Diese
zeigt ein sehr ähnliches Verhalten wie andere Röntgenquellen in unserer
eigenen Galaxie." Die Emission nimmt mit einer charakteristischen
Zeitskala von etwa einem Monat exponentiell ab, was auch eine
Eigenschaft der Röntgendoppelsterne mit stellarer Masse ist. "Dies
bedeutet, dass die ULX in Andromeda wahrscheinlich ein normales,
stellares Schwarzes Loch enthält, das mit sehr hohen Geschwindigkeiten
Material verschluckt."
Ein weiteres Indiz zu den physikalischen Prozessen rund um das Schwarze
Loch ergibt sich aus der Form des Röntgenspektrums, die sich im Laufe
der Zeit ändert. Dies könnte darauf hindeuten, dass sich aufgrund der
hohen Leuchtkraft die inneren Regionen nach außen in eine sogenannte
"Photosphäre" ausdehnen. Alternativ könnte der Blick, den wir auf diese
Quelle im Vergleich zu anderen Quellen in unserer eigenen Galaxie haben,
viel weniger durch Gas und Staub behindert sein. Erstmals konnte hier
eine ULX geringerer Leuchtkraft eindeutig mit einem Doppelsternsystem in
Verbindung gebracht werden, das ein Schwarzes Loch mit mindestens der
13-fachen Masse unserer Sonne enthält.
Natürlich würden die Astronomen ihre Ergebnisse gerne durch eine erneute
Beobachtung der Quelle bei einem weiteren Ausbruch überprüfen. Wenn es
sich bei dem Objekt in Andromeda allerdings wirklich um ein System
analog zu den Röntgendoppelsternen in unserer eigenen Milchstraße
handelt, müssen sich die Astronomen auf eine lange Wartezeit einstellen:
solche Ausbrüche treten nur alle paar Jahrzehnten auf. Die Forscher
hoffen daher auf die zahlreichen weiteren Röntgendoppelsterne in der
Andromedagalaxie. Eventuell könnte sich darunter eine ähnliche Quelle
befinden, die sich im Rahmen der laufenden Kampagne erfassen lässt.
Die Ergebnisse der Forscher werden in zwei Fachartikeln beschrieben, die
in den Zeitschriften Astronomy & Astrophysics und Monthly
Notices of the Royal Astronomical Society beschrieben sind.
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