Diffusionsexperimente im All
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bayreuth astronews.com
9. Februar 2012
Experimente im Weltall unter Schwerelosigkeit sind aus der
physikalischen Forschung nicht mehr wegzudenken. Aber sie wären wertlos
ohne die vielen wissenschaftlichen Untersuchungen, die zeitgleich am
Boden stattfinden. Ein Beispiel dafür sind Messungen zu
Diffusionsvorgängen, die seit November 2011 auf der Internationalen
Raumstation ISS durchgeführt werden. Wissenschaftlich begleitet werden
die Experimente unter anderem von Physikern der Universität Bayreuth.
Auf der ISS werden gegenwärtig Experimente
zur Diffusion von Flüssigkeiten durchgeführt.
Foto:
NASA |
Die Wissenschaftler wollen mit ihren Messungen an Bord der ISS zu den
molekularen Prozessen vordringen, die immer dann ablaufen, wenn sich
verschiedene Flüssigkeiten infolge der Eigendynamik ihrer Teilchen
vermischen. Im Rahmen dieses von der Europäischen Weltraumagentur (ESA)
koordinierten Forschungsprojekts DCMIX entwickeln Physiker an der
Universität Bayreuth ein Präzisionsinterferometer, das zeitgleich mit
fünf verschiedenen Lasern arbeitet und bei den Auswertungen der
gemessenen Daten einen wesentlichen Beitrag leisten soll.
Die beteiligten Forscher aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Kanada,
den Niederlanden und Spanien trafen sich im Dezember 2011 auf dem
Bayreuther Campus zu einem Workshop, zu dem weitere Projektteilnehmer
aus dem europäischen Ausland per Web-Konferenz zugeschaltet waren. Dabei
wurde eine erste Bilanz der bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen
gezogen und Pläne für die weitere Forschungsarbeiten entwickelt. Auch
das Konzept des neuen Bayreuther Präzisionsinterferometers wurde dabei
vorgestellt.
"Der Workshop war ein voller Erfolg", berichtet Köhler. "Wir haben den
Workshop bewusst so gelegt, dass bereits erste Rohdaten von den in der
ISS durchgeführten Experimenten zur Verfügung standen. Auf dieser
Grundlage konnten wir an konkreten Beispielen spezielle Fragen der
Datenauswertung diskutieren und technische Probleme bei den aktuell
laufenden Messungen lösen. Insbesondere freut es mich, dass unsere
Bayreuther Forschungs- und Entwicklungsbeiträge auf so große Anerkennung
gestoßen sind." Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wird
diese Arbeiten noch bis Ende 2014 finanziell unterstützen.
Die Untersuchungen zur Diffusion von Flüssigkeiten sind darauf
ausgerichtet, Klarheit über grundlegende molekulare Prozesse zu
gewinnen, die sich unter Laborbedingungen auf der Erde nur schwer
störungsfrei analysieren lassen. Denn um zu fehlerfreien Messergebnissen
zu kommen, ist es erforderlich, den Einfluss der Schwerkraft so weit wie
möglich zu reduzieren. Dies aber ist - weil die Versuchsreihen mehrere
Tage in Anspruch nehmen - nur in der Raumstation möglich. "Die
Schwerelosigkeit, wie sie etwa im Bremer Fallturm oder bei Parabelflügen
erzeugt werden kann, ist kürzer als eine Minute und daher für unsere
Diffusionsexperimente nicht ausreichend", erläutert Köhler.
Der erste Messzyklus in der ISS konnte vor wenigen Tagen abgeschlossen
werden. Weil die Datenmengen allerdings sehr groß sind, können sie erst
im August 2012 auf einer Festplatte zur Erde zurückgebracht werden. Von
der Auswertung, die voraussichtlich ein Jahr in Anspruch nehmen wird,
erwarten die Wissenschaftler Erkenntnisse, welche die Forschung auf ganz
verschiedensten Gebieten voranbringen könnten. Denn die hier
untersuchten grundlegenden physikalischen Effekte spielen bei sehr
unterschiedlichen Vorgängen eine Rolle, wie etwa bei der Bildung von
Erdöllagerstätten, der Entstehung des Lebens oder der Charakterisierung
von großen Kunststoffmolekülen.
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