Detailliertester Infrarotblick auf den Carinanebel
von Stefan Deiters astronews.com
8. Februar 2012
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute das bislang
detailreichste Bild des Carinanebels im Infraroten veröffentlicht. Die
eindrucksvolle Aufnahme entstand mit Hilfe des Very Large Telescope auf dem
Gipfel des Paranal in Chile und zeigt zahlreiche bislang nicht sichtbare
Strukturen in dieser faszinierenden Sternentstehungsregion.
Das neue Infrarotbild des Carinanebels.
Bild: ESO / T. Preibisch [Großansicht] |
Der Carinanebel im südlichen Sternbild Kiel des Schiffs (lateinisch Carina)
ist eine gewaltige Sternentstehungsregion in rund 7.500 Lichtjahre Entfernung von der Erde. Die Wolke aus Gas und Staub gehört mit zu den uns am nächsten
gelegenen Gebieten, in denen äußerst massereiche Sterne entstehen. So finden
sich im Carinanebel auch einige der massereichsten und hellsten bekannten
Sterne, etwa der instabile Riesenstern Eta Carinae. Dieser war in den 1840er
Jahren sogar der zweithellste Stern am gesamten Nachthimmel und dürfte sein
stellares Leben bald als Supernova beenden. Für Astronomen ist der Carinanebel
ein ideales Studienobjekt, um die Geburt und die frühen Lebensphasen von
Sternen zu untersuchen.
Aus diesem Grund wird der Carinanebel regelmäßig mit den verschiedensten
Teleskopen anvisiert. Schon im sichtbaren Bereich des Lichts ist die Region
spektakulär (astronews.com berichtete wiederholt). Da sich viele interessante Details allerdings hinter
dichten
Schwaden aus Staub verbergen, liefert ein Blick im Infraroten ganz neue
Einsichten in dieses Sternentstehungsgebiet. Thomas Preibisch von der
Universitätssternwarte in München und seine Kollegen nutzten jetzt die
Infrarotkamera HAWK-I, die am Very Large Telescope der europäischen
Südsternwarte ESO montiert ist, für eine gründliche Beobachtung der Region.
Das heute von der ESO veröffentlichte Bild wurde aus Hunderten von Einzelaufnahmen
zusammengesetzt und ist das bislang detaillierteste Infrarotmosaik des Carinanebels.
Es dürfte gleichzeitig auch zu den spektakulärsten Aufnahmen zählen, die je mit
dem Very Large Telescope gemacht worden sind. Auf dem Bild sind nicht nur die
hellen massereichen Sterne zu erkennen, sondern auch Hunderttausende deutlich
leuchtschwächere Sterne, die zuvor nicht zu sehen waren.
Aber auch Eta Carinae selbst ist auf der Aufnahme unten links mehr als
deutlich auzumachen. Der Stern
ist von einer Reihe von Gaswolken umgeben, die durch dessen intensive ultraviolette Strahlung
zum Leuchten angeregt werden. Überall auf dem Bild finden sich zudem noch
dunkle Bereiche. Hier ist das Material so dicht, dass es auch für die
Infrarotkamera
undurchsichtig bleibt. Die Astronomen vermuten, dass dort gerade
neue Sterne entstehen.
In den letzten paar Millionen Jahren sind im Carinanebel unzählige Sterne
entstanden - entweder als Einzelsterne oder in Sternhaufen. Ein solcher
Sternhaufen ist Trumpler 14 nahe der Bildmitte, der auch im sichtbaren Bereich
des Lichts gut zu erkennen ist. Im Infraroten lassen sich allerdings unzählige
weitere, lichtschwächere Sterne ausmachen. Die kleine Ansammlung von gelblichen
Sternen auf der linken Bildhälfte hingegen sehen die Astronomen auf dieser neuen
Aufnahme zum ersten Mal. Im sichtbaren Bereich des Lichts ist davon gar nichts
zu erkennen.
Auch zahlreiche weitere Strukturen im Carinanebel sind erst jetzt durch die
neuen VLT-Beobachtungen erstmals sichtbar geworden. Über ihre Infrarotbeobachtungen
berichten Preibisch und seine
Kollegen in einem Fachartikel, der im vergangenen Jahr in der Zeitschrift
Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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