Ein poetisches Sternentstehungsgebiet
von Stefan Deiters astronews.com
1. Februar 2012
Einen eindrucksvollen Blick auf eine farbenprächtige
stellare Kinderstube gewährt eine neue, heute von der europäischen Südsternwarte ESO
veröffentlichte Aufnahme der Sternentstehungsregion NGC 3324. Die intensive
ultraviolette Strahlung junger Sonnen hat das Gas zum Leuchten angeregt und
einen Hohlraum im Nebel entstehen lassen.
Die Sternentstehungsregion NGC 3324.
Bild: ESO [Großansicht] |
NGC 3324 liegt im südlichen Sternbild Kiel des Schiffes (Carina) und ist
ungefähr 7.500 Lichtjahre von der Erde entfernt. Die stellare Kinderstube
befindet sich in den nördlichen Ausläufern des Carinanebels, eines gewaltigen
Sternentstehungsgebiets, in dem sich noch zahlreiche andere Regionen mit
intensiver Sternentstehungsaktivität finden lassen.
In NGC 3324 hat eine dichte Ansammlung von Gas und Staub vor einigen
Millionen Jahren einen regelrechten Ausbruch an Sternentstehung ausgelöst, bei
dem einige massereiche und heiße Sonnen entstanden sind, die das jetzt von der
europäischen Südsternwarte ESO veröffentlichte Bild dominieren.
Diese Sterne haben seitdem begonnen, ihre Umgebung deutlich zu verändern:
Ihre stellaren Winde und ihre intensive ultraviolette Strahlung hat einen
Hohlraum im Gas und im Staub der Region entstehen lassen. Am deutlichsten wird
dies rechts der Bildmitte, wo man fast schon die Wand dieses Hohlraums zu
erkennen glaubt. Die ultraviolette Strahlung der Sterne bringt das umgebende
Wasserstoffgas in der typisch rötlichen Farbe zum Leuchten. Für den mehr
grünlich-gelben Farbton im Zentrum ist doppelt ionisierter Sauerstoff
verantwortlich.
Das Bild entstand mit Hilfe des Wide Field Imager, der am
2,2-Meter-Teleskop der europäischen Südsternwarte ESO im chilenischen La Silla
montiert ist. Da passt auch der Spitzname, den NGC 3324 von einigen Beobachtern
erhalten hat - er wird nämlich auch Gabriela Mistral Nebula genannt, da die
Wand aus Gas und Staub manche an das Profil des Gesichts der bekannten
chilenischen Dichterin erinnert, die 1945 mit dem Nobelpreis für Literatur
ausgezeichnet wurde.
Auf dem Bild des Wide Field Imager sind zudem noch mehrere dunkle
Strukturen zu erkennen. Hier verschluckt dichter Staub die Strahlung des
leuchtenden Gases im Hintergrund. Auch das Weltraumteleskop Hubble hat
NGC 3324 schon ins Visier genommen. Im Vergleich zum Wide Field Imager
hat Hubble allerdings ein deutlich kleineres Gesichtsfeld und kann
deswegen nur Teilansichten der Region liefern, die dafür aber detaillierter
sind. Ein solches Hubble-Bild war am 23. Oktober 2008 als unser Bild
des Tages zu sehen.
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