Sternoberfläche in Bewegung
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
20. September 2011
Bei der Fahndung nach Planeten um ferne Sonnen stößt das
Weltraumteleskop Kepler manchmal auch auf andere interessante
astronomische Phänomene: So nutzten Wissenschaftler der Universität Wien das
Teleskop zum Nachweis ganz bestimmter Schwingungen der Oberfläche eines
Sterns, die ihnen einiges über den inneren Aufbau der fernen Sonne
verraten.
Das
Weltraumteleskop Kepler der NASA.
Bild: NASA / Kepler Mission / Wendy
Stenzel |
In der Hülle der Sonne brodelt es. Verantwortlich dafür ist die Energie, die
im Inneren des Sterns durch Kernfusion erzeugt wird. Will die Energie nach
außen, kann aber nicht schnell genug durch die Sternmaterie an die Oberfläche
dringen, bringt sie diese "zum Kochen". Derartig angeregte sonnenähnliche
Pulsationen wurden nun von einem Forscherteam um Victoria Antoci vom Institut
für Astronomie der Universität Wien auch bei einem anderen Stern nachgewiesen.
Dies gelang mit Hilfe des Weltraumteleskops Kepler bei HD 187547, einem
Stern, der deutlich heißer als die Sonne ist. Die Astronomen veröffentlichten
ihre Ergebnisse unlängst in der Wissenschaftszeitschrift Nature.
Die Schwingungen von Sternen können zu periodischen Helligkeitsschwankungen
führen und den Astronomen einiges über das Innere der Sterne verraten. Dieser
Zweig der Astronomie, die sogenannte Asteroseismologie, funktioniert dabei
ähnlich wie die seismische Erforschung des Erdinneren: Die Frequenzen
seismischer Wellen sind von Masse und Aufbau eines Körpers abhängig und erlauben
dadurch dessen innere Struktur tomografisch zu reproduzieren.
Periodische Schwingungen in Sternen werden durch verschiedene Mechanismen
aufrecht gehalten. In der Sonne ist es das "Brodeln" (die Konvektion) in den
äußeren Sternschichten, vergleichbar mit kochendem Wasser und dem dadurch
hörbaren Geräusch des Kochtopfes. In Sternen mit der 1,5-fachen Sonnenmasse und
mehr ist es der sogenannte Kappa-Mechanismus, der periodische Pulsationen
anregt. "Dieser Prozess funktioniert ähnlich wie eine Wärmekraftmaschine oder
ein Dieselmotor", vergleicht Antoci das Prinzip.
Durch jahrzehntelange Erforschung von Sonnenoszillationen ist bekannt, dass
die Energie in den äußeren 30 Prozent des Sonnenradius durch Konvektion und in
den darunterliegenden Schichten durch Strahlung transportiert wird. Besitzt ein
Stern doppelt so viel Masse, ist nur noch etwa ein Prozent der Hülle konvektiv.
Die im Kern entstehende Energie wird auch in diesem Fall bis zur äußeren Schale
durch Strahlung transportiert. Sterne noch größerer Masse sollten gar keine
konvektive Hülle mehr besitzen. Ab wann diese genau verschwindet, ist aufgrund
der extremen physikalischen Verhältnisse bislang unbekannt.
Eine Möglichkeit, dies zu erforschen, ist die asteroseismologische
Untersuchung von sogenannten Delta-Scuti-Sternen. Diese Sterne liegen in jenem
Massebereich, in dem die konvektive Hülle verschwindet. Sie zeigen periodische
Lichtveränderungen, die auf die durch den Kappa-Mechanismus angetriebenen
Pulsationen zurückzuführen sind. "Seit mehr als zehn Jahren wird vorhergesagt,
dass trotz der geringen Tiefe der konvektiven Hülle von nur einem Prozent die
Konvektion in Delta-Scuti-Sternen energetisch genug vonstattengeht, um auch
sonnenähnliche Pulsationen anzuregen. Jetzt ist uns der Beweis gelungen", freut
sich Antoci.
Im Rahmen ihrer Doktorarbeit untersuchte die junge Astronomin Hunderte vom
Kepler-Weltraumteleskop der NASA beobachtete Sterne nach Spuren von
sonnenähnlichen Oszillationen und wurde fündig: Der Delta-Scuti-Stern mit dem
Namen HD 187547 ist der erste Vertreter dieser Gruppe, der beide Arten von
Oszillationen zeigt. "Mit HD 187547 haben wir ein ideales Objekt gefunden, um
unterschiedlichste Prozesse und deren Wechselwirkungen unter extremen
physikalischen Bedingungen zu untersuchen", sagt Gerald Handler vom Nikolaus
Kopernikus Center in Warschau, der die Doktorarbeit von Antoci betreut.
Durch die Untersuchung sind nun erstmals Aussagen über die tatsächliche Tiefe
der äußeren Konvektionsschicht möglich, ebenso wie eine Kalibration der
Konvektionsmodelle in diesem Temperaturbereich. Zudem lässt sich durch das
Vorhandensein zweier verschiedener Arten von Sternschwingungen der innere Aufbau
von HD 187547 mit bisher unerreichter Genauigkeit modellieren.
Das Wissenschaftler stellten auch fest, dass HD 187547 abnorme Häufigkeiten
bestimmter chemischer Elemente an seiner Oberfläche aufweist, was
höchstwahrscheinlich mit einer langsamen Rotation des Sterns in Zusammenhang
steht. Dabei sinken schwerere Elemente in die Tiefe und werden so unbeobachtbar,
was zu einer entsprechenden Unterhäufigkeit im Sternspektrum führt. Leichte
Elemente dagegen werden nach oben getrieben und zeigen eine Überhäufigkeit.
Dieser physikalische Prozess ist als Diffusion bekannt und in Sternen wie HD
187547 noch nicht zur Gänze verstanden.
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