Neues von einem wundersamen Stern
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
26. Juli 2011
Der Stern Omikron Ceti, genannt Mira, die Wundersame, ist in
doppelter Hinsicht außergewöhnlich: Er verändert nicht nur seine Helligkeit in
regelmäßigen Abständen, sondern besitzt auch einen kometenähnlichen Schweif.
Beobachtungen mit dem europäischen Infrarot-Weltraumteleskop Herschel
brachten nun neue Erkenntnisse zu Strukturen in der Umgebung des alten Sterns.
Bogenförmige
Strukturen in Miras Umgebung, aufgenommen mit dem
Satelliten Herschel.
Bild: ESA |
Seit rund 20 Jahren steht die Erforschung Roter Riesen im Fokus der Arbeit von
Astronomen der Universität Wien. Diese Endstadien sonnenähnlicher Sterne weisen
eine überdurchschnittliche Größe und Leuchtkraft auf, die beim bis zu
1.000-fachen unserer Sonne liegt. Der Rote Riese Omikron Ceti im Sternbild
Walfisch ist einer der bekanntesten und meistbeobachteten Sterne an unserem
Nachthimmel.
Die Bekanntheit beruht auf seinem vermeintlichen Erscheinen und Verschwinden,
das bereits Astronomen im 17. Jahrhundert erstaunte. Omikron Ceti ist in seinen
hellsten Phasen leicht mit bloßem Auge sichtbar, wird jedoch regelmäßig bis zu
1.500-mal schwächer. Seine Helligkeitsschwankungen wiederholen sich in einer
Periode von etwa 331 Tagen. In seinem Buch Historiola Mirae Stellae aus
dem Jahr 1662 gab Johannes Hevelius Omikron Ceti deswegen den Namen Mira – "die
Wundersame".
Heute weiß man, dass Mira, etwa 300 Lichtjahre von der Erde entfernt, ein
Doppelsternsystem ist. Es besteht aus dem sehr hellen und pulsierenden Roten
Riesen Mira A und dem kleineren, sehr leuchtschwachen Weißen Zwerg Mira B. Beide
Sterne trennt die 55-fache Distanz zwischen Erde und Sonne. Beobachtungen im
Röntgenbereich aus dem Jahr 2005 zeigten, dass Mira A einen Teil ihrer Masse auf
Mira B überträgt. "Massenverlust in Form eines staubreichen Windes ist eines der
zentralen Merkmale von 'sterbenden' roten Riesensternen", so Franz Kerschbaum,
Leiter des Instituts für Astronomie der Universität Wien.
Eine weitere eindrucksvolle Eigenschaft ist Miras Bewegung durch das
interstellare Gas. "Mit etwa 110 Kilometern pro Sekunde rast der Stern durch das
All", erläutert Kollege Thomas Posch. Der staubreiche Wind wird, ähnlich wie bei
einem Kometenschweif, nach hinten getragen. Spektakuläre Aufnahmen aus dem Jahr
2007 zeigten dies erstmals und offenbarten einen starken Ausstrom an Masse
entlang der Bewegungsbahn (astronews.com berichtete). Zusammen mit früheren
Beobachtungen und dank neuer Untersuchungen mit dem Infrarot-Weltraumteleskop
Herschel der europäischen Weltraumagentur ESA, die in Wien ausgewertet
wurden, ergibt sich nun ein erweitertes Bild von Mira und der rätselhaften
Erscheinung des Sterns.
"In der Umgebung des Sternsystems sind bogenförmige und aufgebrochene Strukturen
zu erkennen, zusammen mit einem zarten Schweif", so der Wiener Astronom Andreas
Mayer, der auch Erstautor eines Fachartikels über die Untersuchung ist, der in
der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheint. "Dem liegt
wahrscheinlich das Zusammenspiel zweier Faktoren zugrunde: Einerseits die
Bewegung des Weißen Zwergs durch den Sternenwind, der eine spiralförmige
Struktur hinterlässt. Diese Spiralen werden andererseits durch den starken
Masseausstrom 'durchbohrt' und durch die Bewegung des interstellaren Mediums
zusammengedrückt", so Mayer.
Das Infrarotteleskop Herschel ist mit einem Spiegeldurchmesser von 3,5
Metern das derzeit größte Weltraumobservatorium. Am Institut für Astronomie der
Universität Wien wurde die Software entwickelt, mit der die Daten noch an Bord
des Satelliten genügend stark komprimiert werden können, damit eine Übertragung
zur Erde überhaupt möglich ist.
|