Sternentstehung durch Überschallknall
von
Rainer Kayser
14.
April 2011
Mithilfe des Infrarot-Weltraumteleskops Herschel
haben Astronomen Netze aus dünnen Filamenten in nahegelegenen interstellaren
Gaswolken entdeckt. Die Filamente haben alle in etwa die gleiche Dicke und
dürften, nach Ansicht der Forscher, durch Stoßwellen von Supernova-Explosionen
entstanden sein. In ihrem dichtesten Bereich bilden sich gerade neue Sterne.
Auf dieser Aufnahme der interstellaren Wolke IC5146, die Herschel in drei verschiedenen
Infrarot-Wellenlängen gemacht hat, sind dichte
Filamente aus Gas zu sehen, entlang derer neue
Sterne entstehen.
Bild: ESA / Herschel / SPIRE /
PACS / D. Arzoumanian (CEA Saclay) für das Gould
Belt survey Key Programme Consortium [Großansicht] |
Ein Netz dünner Filamente durchzieht interstellare Gaswolken.
Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Herschel zeigen, dass diese
Filamente aus verdichtetem Gas alle etwa gleich dick sind, wie ein
internationale Forscherteam im Fachblatt Astronomy & Astrophysics
berichtet. Dieser überraschende Befund deutet nach Ansicht der Astronomen darauf hin, dass die Filamente durch von explodierenden Sternen ausgelöste Stoßwellen entstanden sind. Die
Herschel-Beobachtungen zeigen außerdem, dass sich in den Filamenten neue Sterne bilden.
"Eine große Überraschung" sei die übereinstimmende Dicke der vielen Filamente, betont Doris Arzoumanian vom
Laboratoire AIM Paris-Saclay.
Gemeinsam mit ihren Kollegen hat Arzoumanian 90 Filamente in drei nahen Gaswolken vermessen
- alle sind etwa 0,3 Lichtjahre dick, eine Übereinstimmung, die eine physikalische Erklärung erfordert, so die Wissenschaftlerin.
Aus einem Vergleich von Computermodellen mit den Herschel-Beobachtungen ziehen Arzoumanian und ihre Kollegen den Schluss, dass Stoßwellen die Filamente erzeugen. Diese Stoßwellen wiederum sind eine Folge explodierender Sterne, so genannter Supernovae. Wenn das bei diesen Explosionen ausgestoßene Material mit hoher Geschwindigkeit auf interstellare Gaswolken trifft, kommt es zu einer Art Überschallknall, eben einer Stoßwelle aus verdichtetem Gas, die sich in der Wolke ausbreitet. Die Stoßwelle verliert langsam an Energie und hinterlässt schließlich ein dünnes Filament aus dichterem Gas.
So führt der Tod alter Sterne letztlich zur Geburt neuer Sterne: Die Herschel-Beobachtungen zeigen, dass sich junge Sterne insbesondere in den dichtesten Teilen der Filamente finden. In einem Filament im Sternbild Adler konnten die Astronomen auf den
Herschel-Aufnahmen einhundert neugeborene Sterne nachweisen. "Bislang war der Zusammenhang zwischen diesen Filamenten und der Sternentstehung unklar", sagt
Herschel-Projektwissenschaftler Göran Pilbratt, "mit Herschel
sehen wir nun, dass sich in den Filamenten neue Sterne wie Perlen auf einer
Kette bilden."
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