Antimaterie aus irdischen Gewittern
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
17. Januar 2011
Das Gammastrahlen-Weltraumteleskop Fermi der NASA soll eigentlich
energiereiche Phänomene in den Weiten des Weltalls erforschen. Jetzt konnten
Wissenschaftler mit Fermis Hilfe aber Antimaterie nachweisen, die in
einem irdischen Gewitter entstanden ist. Eine entscheidende Rolle spielte dabei
der Gamma-ray Burst Monitor an Bord des Satelliten, an dessen
Entwicklung deutsche Astronomen maßgeblich beteiligt waren.
Elektronen und Positronen können bei Gewittern
ins All ausgestoßen werden (künstlerische
Darstellung). Bild:
NASA/Goddard Space Flight Center |
Normalerweise blicken Astronomen in die Tiefen des Alls. Bei einem
Treffen der American Astronomical Society in der vergangenen
Woche aber, stellten Wissenschaftler Beobachtungen eines
Antimateriesignals von der Erde vor, das mit dem Weltraumteleskop
Fermi der NASA nachgewiesen worden war. Diese Antimaterieteilchen
entstanden in energiegeladenen Prozessen über Gewitterwolken und führten
zu einem Gammastrahlenblitz, als sie auf dem Raumschiff auftrafen.
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
(MPE) waren für die Entwicklung der Detektoren und Stromversorgung des
Fermi Gamma-ray Burst Monitors (GBM) verantwortlich, mit dem
der Nachweis dieser Teilchen gelang, und trugen bei dieser Entdeckung
sowohl zur Datenauswertung als auch zur Kalibration bei.
Wenn ein Antimaterie-Teilchen auf Fermi trifft, so kollidiert es mit
einem normalen Materieteilchen. Beide Teilchen löschen sich gegenseitig
aus und dabei wird Gammastrahlung bei einer charakteristischen Energie
frei. Die vom GBM nachgewiesene Energie beträgt 511 .000 Elektronvolt,
was auf die Annihilation von einem Elektron und seinem
Antimaterieteilchen, einem Positron, hinweist. (Sichtbares Licht hat
Energien zwischen 2 und 3 Elektronvolt.)
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Antimaterieteilchen in
einem Gammastrahlenblitz auf der Erde ("terrestrial gamma-ray flash",
TGF) erzeugt wurden. Derartige kurzzeitige Energieblitze entstehen in
Gewittern und sind wohl auch bei der Bildung von Blitzen beteiligt.
"Diese Lichtteilchen haben typischerweise Energien von 20-40 Millionen
Elektronvolt, und können direkt als TGF nachgewiesen werden," erklärt
Andreas von Kienlin, der MPE-Wissenschaftler, der die Entwicklung des
GBM leitete. Es wird geschätzt, dass sich täglich etwa 500 TGFs
ereignen, wovon die meisten unentdeckt bleiben.
Fermis GBM hat seit dem Start etwa 130 TGFs nachweisen können,
obwohl seine Hauptaufgabe eigentlich die Beobachtung hochenergetischer
Vorgänge im fernen Universum ist. Am 14. Dezember 2009 befand sich
Fermi über Ägypten, während über Sambia, rund 4.500 Kilometer
südlich, ein Gewittersturm tobte. Da sich das Gewitter damit für
Fermi unterhalb des Horizonts befand, konnte es keine Gammastrahlen
nachweisen, die dort ausgesandt wurden.
Elektronen und Positronen mit hoher Geschwindigkeit, die im TGF
entstanden, konnten aber entlang des Erdmagnetfelds zu Fermi
gelangen und dort einen Gammablitz erzeugen, der dann vom GBM
nachgewiesen wurde. "Dieses Signal ist der erste direkte Beleg dafür,
dass Teilchenstrahlen aus Antimaterie in Gewittern erzeugt werden", sagt
Michael Briggs vom GBM-Team an der Universität Alabama. Dieser Nachweis
von Positronen zeigt, dass hochenergetische Teilchen tatsächlich in
Massen aus der Atmosphäre geschleudert werden. Die Wissenschaftler
glauben nun sogar, dass alle TGFs Elektron-Positronstrahlen aussenden.
"Es ist allerdings immer noch unklar, wie TGFs erzeugt werden und auch
wie klassische Gewitterblitze entstehen", ergänzt Jochen Greiner vom
MPE, leitender Wissenschaftler des GBM in Deutschland. Obwohl
Turbulenzen in Gewitterwolken riesige Spannungen erzeugen können, sind
diese doch um mindestens einen Faktor 10 zu klein, als das sie die Luft
ionisieren und Funken erzeugen. TGFs könnten hier eventuell als Trigger
fungieren. Ein Fachartikel zu den Beobachtungen soll in Kürze in den
Geophysical Research Letters erscheinen.
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