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ASTROBIOLOGIE
Leben, wie wir es nicht kennen
von Rainer Kayser
3. Dezember 2010

Amerikanische Forscher haben ein Bakterium entdeckt, das sich von allen anderen bislang bekannten irdischen Lebensformen unterscheidet: Es kann statt Phosphor hochgiftiges Arsen für den Stoffwechsel verwenden und es sogar in sein Erbgut einbauen. Der Fund hat nach Ansicht der Wissenschaftler weitreichende Konsequenzen für die Suche nach außerirdischen Leben.

GFAJ-1

GFAJ-1 Bakterien, die Arsen für den Stoffwechsel verwenden. Bild: Jodi Switzer Blum

Das Bakterium GFAJ-1 aus der Familie der Halomonadaceae unterscheidet sich deutlich von allen bekannten irdischen Lebensformen: Es ist in der Lage, statt Phosphor das eigentlich hochgiftige Element Arsen in seinem Stoffwechsel zu verwenden und in Fette, Proteine und sogar in sein Erbgut einzubauen. Das zeigen Untersuchungen amerikanischer Forscher im Rahmen eines Astrobiologie-Projekts der NASA. Die Entdeckung hat nach Ansicht der Wissenschaftler weitreichende Konsequenzen sowohl für die Mikrobiologie als auch für die Suche nach außerirdischem Leben.

"Der neue Organismus ist die Spitze eines großen Eisbergs", sagt Paul Davies von der Arizona State University, "er hat das Potenzial, uns den Zugang zu einem vollständig neuen Bereich der Mikrobiologie zu öffnen." Davies und sein Team haben Bakterien untersucht, die im Sediment des kalifornischen Salzsees Mono Lake gedeihen. Der Salzsee erschien den Wissenschaftlern besonders geeignet für die Suche nach fremdartigen Lebensformen, weil er einen ungewöhnlich hohen Anteil an Arsen enthält - einem eigentlich giftigen Element.

Alles Leben auf der Erde basiert - so das bisherige Basiswissen der Biologie - auf sechs essenziellen Elementen: Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Schwefel und Phosphor. Phosphor spielt eine wichtige Rolle beim Energiestoffwechsel der Zellen, Phosphorverbindungen sind Bestandteil der DNA- und RNA-Moleküle, der Trägersubstanz der Erbinformationen aller Lebewesen. Für die Suche nach außerirdischem Leben ist es daher eine wichtige Frage, ob die Abhängigkeit von diesen sechs Elementen eine universelle Regel ist - oder ob auch Lebensformen denkbar sind, die auf anderen Substanzen beruhen.

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Arsen ähnelt chemisch Phosphor, Zellen nehmen es deshalb leicht auf. Doch im Inneren der Zellen kann Arsen trotz der Ähnlichkeit nicht die Funktion von Phosphor übernehmen - das Arsen blockiert dadurch die biochemischen Abläufe und führt so zu Vergiftungserscheinungen. Doch vielleicht, so spekulierte Davies, gibt es Organismen, die mit Arsen statt mit Phosphor funktionieren können.

Die Wissenschaftler züchteten also Bakterien aus dem Sediment des Mono Lakes und unterwarfen sie einer Arsen-Diät bei gleichzeitigem Phosphor-Entzug. Schließlich blieben auf dem Nährboden tatsächlich nur Bakterien zurück, die sich von Arsen ernähren können. Mehr noch: Davies und sein Team konnten zeigen, dass das Bakterium GFAJ-1 Arsen überall dort einbaut, wo Mikroorganismen gewöhnlich Phosphor verwenden - bis hin zu seiner Erbsubstanz DNA.

"Unsere Entdeckung ist eine Erinnerung daran, dass Leben, wie wir es kennen, wesentlich flexibler ist als wir im Allgemeinen annehmen oder uns vorstellen können", erklärt Felisa Wolfe-Simon, die ebenfalls an der Forschungsarbeit beteiligt war. Vielleicht lassen sich noch weitere, bislang als essenziell angesehene Elemente durch andere Stoffe ersetzen. "Wenn etwas hier auf der Erde schon etwas so Unerwartetes machen kann", so Wolfe-Simon weiter, "was können dann erst Lebensformen, die wir noch gar nicht kennen? Die Zeit ist reif, das herauszufinden."

Ein Bild vom Mono Lake ist heute als Bild des Tages zu sehen.

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siehe auch
Bild des Tages - 3. Dezember 2010: Mono Lake
Außerirdisches Leben: Weg vom astronomischen Geozentrismus - 5. November 2009
Astrobiologie: Experten fordern Suche nach bizarrem Leben - 10. Juli 2007
Titan: Gibt es Leben auf dem Saturnmond? - 1. Februar 2005
Jupitermond Europa: Leben ist, wo man es findet - 14. Dezember 1999
Jupitermond Europa: Leben trotz Schwefelsäure? - 4. Oktober 1999
Leben durch Naturgesetze? - 14. Mai 1999
Links im WWW
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