Heiße Luft kühlt Planeteninneres
von
Rainer Kayser
28.
September 2010
Ob es auf unserem Nachbarplaneten Venus noch aktive Vulkane
gibt, ist bis heute ungeklärt. Doch könnten sich durch einen Rückkopplungseffekt
Vulkanismus und Treibhauseffekt theoretisch so aufschaukeln, dass die Venus
immer heißer wird? Nein, sagen jetzt zwei Wissenschaftlerinnen aus Berlin, die
diese Prozesse am Computer simuliert haben.
Der Vulkan Maat
Mons auf der Venus. Diese Darstellung basiert auf
Radardaten der NASA-Sonde Magellan. Die Farben
wurden entsprechend der Bilder der sowjetischen
Venussonden Venera 13 und 14 gewählt.
Bild: NASA/JPL |
Unser Nachbarplanet Venus ist eine glühende Hölle: Der Treibhauseffekt der dichten Atmosphäre führt zu Oberflächentemperaturen um 470 Grad Celsius. Deutsche Wissenschaftlerinnen haben nun mithilfe von Computersimulationen die Wechselwirkung zwischen der heißen Atmosphäre und dem Planeteninneren untersucht. Zur Überraschung der Forscherinnen zeigten die Modelle keine sich aufschaukelnde Rückkopplung zwischen Vulkanismus und Treibhauseffekt, sondern im Gegenteil eine Abkühlung des Planetenmantels. Dieser Prozess führt dann auch zu einem Rückgang des Vulkanismus auf der Venus, wie die Forscherinnen vergangene Woche auf dem
European Planetary Science Congress in Rom berichteten.
"Kohlenmonoxid und andere Treibhausgase stammen aus tausenden Vulkanen, die in der Vergangenheit auf der Venus aktiv waren", erklärt Lena Noack vom Institut für Planetenforschung der DLR in Berlin.
"Die Aufheizung könnte zu einer positiven Rückkopplung und damit zu verstärktem Vulkanismus führen." Könnte dieser Prozess schließlich in einer rotglühenden Venus enden? Diese Frage wollten Noack und ihre Kollegin Doris Breuer mit ihren Simulationen beantworten.
Doch statt eines sich aufschaukelnden Vulkanismus fanden die beiden Forscherinnen einen entgegengesetzten Effekt: Die Aufheizung der Planetenoberfläche durch den Treibhauseffekt führt zu einer Mobilisierung der Kruste.
"Dadurch verringert sich die Isolationswirkung der Kruste", so Noack, "der Mantel kann einen großen Teil seiner thermischen Energie nach außen abgeben." Die Simulationen von Noack und Breuer zeigen, dass dadurch der Vulkanismus nach einer
"heißen Phase"
wieder abebbt. Auch die Temperaturen von Atmosphäre und Oberfläche fallen dann wieder, wodurch wiederum die Mobilisierung der Kruste endet.
So könnte der gesamte Prozess sich zyklisch wiederholen: Erneut staut sich Hitze im Planeteninneren auf, führt zu verstärktem Vulkanismus und so fort.
Die Modellrechnungen von Noack und Breuer zeigen auch, dass diese Vorgänge nicht auf der gesamten Planetenoberfläche zeitgleich ablaufen müssen. Es könnte also auch heute Regionen mit aktiven Vulkanen auf der Venus geben. Tatsächlich hat die europäische Sonde
Venus Express Gebiete mit ungewöhnlich hohen Temperaturen entdeckt. Bislang konnte aber kein aktiver Vulkan auf unserem Nachbarplaneten nachgewiesen werden.
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