Hinweise auf schrumpfenden Mond
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Münster astronews.com
7. September 2010
Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat auf Bildern des Lunar
Reconnaissance Orbiter zahlreiche bisher unbekannte tektonische
Überschiebungen auf dem Mond entdeckt - also Stellen, an denen sich die
Kruste des Mondes übereinander geschoben hat. Die Forscher werten dies als
Hinweis dafür, dass der Erdtrabant geschrumpft ist - um insgesamt 100 Meter.
Eine der auf Bildern des Lunar Reconaissance
Orbiters entdeckten Überschiebungen auf dem Mond.
Bild: NASA /
Goddard / Arizona State University / Smithsonian |
"Die neuen Bilddaten haben eine räumliche Auflösung von rund 0,5
Metern und decken den Mond großflächig ab. Dadurch war es möglich,
Überschiebungen auch in hohen nördlichen und südlichen Breiten zu
entdecken", erläutert Dr. Carolyn van der Bogert vom Institut für
Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, die - genau
wie ihr Kollege Prof. Dr. Harald Hiesinger - an der Entdeckung beteiligt
war. "Das Apollo-Programm der US-amerikanischen
Raumfahrtbehörde NASA hat zwar teilweise Bilder mit einer ähnlich guten
Auflösung geliefert. Die Aufnahmen waren aber in ihrer Abdeckung auf
äquatornahe Gebiete des Mondes beschränkt. Durch die größere Abdeckung
lassen sich nun Modelle zur Entstehung der Überschiebungen wesentlich
besser testen," ergänzt Hiesinger.
Eines der Modelle geht zum Beispiel von einer Entstehung durch
Tidenkräfte aus. In diesem Fall würde man eine Anhäufung von
Überschiebungen auf der erdzugewandten und der erdabgewandten Seite
erwarten. Die nun beobachtete Verteilung der Überschiebungen ist nicht
vereinbar mit diesem Model, so die Wissenschaftler.
"Gegenwärtig favorisieren wir ein Modell, nach dem der Mond insgesamt
durch die generelle Abkühlung um 0,01 Prozent - das entspricht 100
Metern im Radius - geschrumpft ist und sich deshalb die Kruste an
manchen Stellen übereinander geschoben hat", erklärt Hiesinger. Dies
kann auf dem Mond beobachtet werden, da der Mond im Gegensatz zur Erde
ein "Ein-Platten-Körper" mit einer dicken äußeren rigiden
Gesteinsschicht, der sogenannten Lithosphäre, ist. "Auf der Erde gibt es
viele Platten, die sich gegeneinander verschieben, sich neu bilden und
auch zerstört werden. Durch diese Plattentektonik ist es auf der Erde
unmöglich, das Schrumpfen des gesamten Planeten zu studieren", so van
der Bogert.
Erste Altersdatierungen der Überschiebungen auf dem Mond lassen
vermuten, dass die Bildung dieser Strukturen innerhalb der letzten
Milliarde Jahre vonstatten ging, also aus der Perspektive von
Planetologen ein relativ junges Phänomen ist. Auch in Zukunft wird sich
das münstersche Forscherteam unter der Leitung von Dr. Tom Watters vom
Smithsonian Institute in Washington und Dr. Mark Robinson von
der Arizona State University weiter mit der Auswertung von
Bilddaten der Lunar Reconnaissance Orbiter Camera beschäftigen
und gezielt nach Überschiebungen suchen. "Dadurch wird es möglich, die
thermische Entwicklung des Mondes besser zu verstehen. Denn eines ist
klar - je mehr von diesen Überschiebungen gefunden werden, desto stärker
ist der Mond in seiner Vergangenheit geschrumpft", so van der Bogert.
Der Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) ist eine Mondsonde der
NASA, die 2009 zusammen mit dem Satelliten LCROSS an Bord einer
Atlas 5-Rakete zum Mond gestartet ist. Mit Hilfe der Lunar
Reconnaissance Orbiter Camera werden bislang nie gesehene Details
auf der Oberfläche sichtbar. Ziele der Mission sind es, die gesamte
Mondoberfläche in hoher Auflösung zu kartieren, nach Spuren von
Wassereis zu suchen und die kosmische Strahlenbelastung zu messen.
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