Professur zur Erforschung der Dunklen Energie
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Bonn astronews.com
1. September 2010
An der Universität Bonn wird künftig verstärkt über die Dunkle Energie
geforscht. Im Rahmen einer neu eingerichteten Heisenberg-Professur, die über
die kommenden fünf Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund
900.000 Euro gefördert wird, soll sich der Astrophysiker Thomas Reiprich
dieser Thematik widmen. Es ist die deutschlandweit erste derartige Professur
in der Astrophysik.
Dunkle Materie und Dunkle Energie machen mehr
als 95 Prozent der Materiedichte des Universums
aus. Hier ein Bild des
Galaxienhaufens Abell 2218.
Bild: NASA, ESA, und Johan
Richard (Caltech, USA) |
Der 39-jährige Thomas Reiprich bekleidet an der Universität Bonn künftig
eine neu eingerichtete Heisenberg-Professur. Der Astrophysiker erforscht
seit Jahren die rätselhafte "Dunkle Energie". Laut Theorie ist sie das
geheimnisvolle "Treibmittel" für die immer schnellere Ausdehnung des
Universums. Diese Arbeiten will er in den nächsten fünf Jahren weiter
intensivieren. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die
Professur mit voraussichtlich etwa 900.000 Euro.
Unser Universum dehnt sich aus - und das mit steigender Geschwindigkeit.
Seit gut einem Jahrzehnt rätseln die Astrophysiker, warum das so ist.
Denn eigentlich sollte sich diese Expansion wegen der gewaltigen
Anziehungskraft der Milliarden von Galaxien mit der Zeit verlangsamen.
Als Grund vermuten Astrophysiker daher eine geheimnisvolle "dunkle
Energie". Sie soll die Galaxien auseinander treiben.
Mit der Dunklen Energie ist es wie mit der Dunklen Materie: Die Physiker
brauchen sie. Sie wissen aber bis heute nicht, woraus sie besteht oder
wie viel es davon genau gibt. Reiprich möchte vor allem den zweiten Teil
dieser Frage beantworten: "Wir wollen die Menge Dunkler Energie im
Universum bestimmen - und die der dunklen Materie gleich dazu!" Dazu
untersuchen Reiprich und seine Mitarbeiter Ansammlungen von hundert bis
einigen tausend Einzelgalaxien. Die ersten derartigen Galaxienhaufen
entstanden einige Milliarden Jahre nach dem Urknall. Seitdem kommen
laufend neue hinzu. Die bestehenden Haufen können zudem zusammenstoßen,
miteinander verschmelzen und dadurch anwachsen.
Nun wirkt die dunkle Energie auf unser Weltall wie eine Extraportion
Hefe auf den Brötchenteig: Sie beschleunigt die Expansion des
Universums. Damit kommen sich Galaxien immer seltener nahe genug, dass
sie sich zu einem Haufen zusammenballen könnten. Die Dunkle Energie
behindert also zunehmend die Bildung neuer Galaxie-Konglomerate. "Wir
schauen nun gewissermaßen fünf Milliarden Jahre in die Vergangenheit und
zählen dort die Galaxienhaufen", sagt Reiprich. "Dann vergleichen wir
ihre Zahl mit heutigen Werten. So können wir auf ihre
Entstehungsgeschwindigkeit schließen - und damit auch auf die Menge
dunkler Energie."
Dazu setzt der gebürtige Rheinland-Pfälzer unter anderem auf die
Satellitenmission eROSITA (extended ROentgen Survey with an
Imaging Telescope Array). Ab Ende 2012 wollen Astrophysiker damit
Objekte in vielen Milliarden Lichtjahren Entfernung beobachten. Es ist
ein Blick in die Vergangenheit: Wenn die Röntgenstrahlung auf den
Detektor von eROSITA auftrifft, hat sie bereits eine Reise von
mehreren Milliarden Jahren hinter sich. eROSITA soll 100.000
Galaxienhaufen untersuchen. Der immense Datenfundus soll auch
Rückschlüsse auf die Menge Dunkler Materie zulassen. Denn die bremst die
Ausdehnung des Alls und erleichtert gleichzeitig das Wachstum von
Galaxienhaufen, weil sie zusätzliche Masse (und damit
Gravitationsanziehung) ins Spiel bringt.
Der Bonner Forscher will auch die astrophysikalischen Prozesse besser
verstehen, die zur Bildung von Galaxienhaufen führen. Dazu untersucht er
unter anderem die supermassereichen Schwarzen Löcher, die sich nach
Beobachtungen im Zentrum der meisten derartigen Konglomerate befinden.
Die Heisenberg-Professur - die erste deutschlandweit im Bereich
Astrophysik - bietet ihm die Chance, die Arbeiten auf diesen Gebieten
weiter voran zu treiben. Nach fünf Jahren läuft die DFG-Förderung aus.
Danach soll die Stelle in eine unbefristete Professur umgewandelt
werden, die gänzlich aus Universitätsmitteln finanziert wird.
Das Weltall interessiert Reiprich schon seit seiner Kindheit. Noch heute
begeistern ihn die Dramen, die sich tagtäglich in unglaublicher
Entfernung von der Erde abspielen. "Wenn zwei Galaxienhaufen miteinander
verschmelzen, prallen Massen mit einem Gesamtgewicht von Billiarden
Sonnenmassen und einer Geschwindigkeit von mehr als tausend Kilometern
in der Sekunde aufeinander. Das sind die energiereichsten Prozesse, die
das Universum nach dem Urknall gesehen hat."
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