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SUPERMASSEREICHE SCHWARZE LÖCHER
Bereits kurz nach dem Urknall entstanden?
Redaktion / Pressemitteilung der Universität Zürich
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26. August 2010

Die ersten supermassereichen Schwarzen Löcher sind kurz nach dem Urknall entstanden. Zu diesem Schluss ist jetzt eine internationale Forschergruppe gekommen. Die Objekte entstanden danach vor 13 Milliarden Jahren durch die Kollision von Galaxien. Die neuen Erkenntnisse sind wichtig, um die Entstehung der Strukturen im Universum besser zu verstehen.

Simulation

Ausschnitt aus der Simulation: Das Bild zeigt die Situation kurz nach dem Verschmelzen der Galaxien. Bild: Universität Zürich

Lucio Mayer, Professor für theoretische Physik an der Universität Zürich, und sein Team sind überzeugt, dass sie den Ursprung der ersten supermassereichen Schwarzen Löcher entdeckt haben. Supermassereiche Schwarze Löcher sind nach ihren Untersuchungen vor rund 13 Milliarden Jahren, also ganz zu Beginn des Universums, entstanden. In ihrem in der Fachzeitschrift Nature erschienenen Artikel beschreiben Mayer und seine Kollegen ihre Computersimulationen, mit denen sie die Entstehung von Galaxien und Schwarzen Löchern während der ersten Milliarden Jahre nach dem Urknall modelliert haben.

Nach aktuellem Kenntnisstand ist das Universum rund 14 Milliarden Jahre alt. Kürzlich fand man Hinweise darauf, dass Galaxien wesentlich früher als bisher angenommen – nämlich bereits innerhalb der ersten Milliarde Jahre – entstanden sind. Die Computersimulationen von Mayers Team zeigen nun, dass sich die allerersten supermassereichen Schwarzen Löcher bildeten, als diese frühen Galaxien miteinander kollidierten und verschmolzen.

Während mehr als zwei Jahrzehnten ging die Wissenschaft davon aus, dass Galaxien hierarchisch wachsen, also durch die Gravitation zuerst kleine Massen zusammengezogen werden und aus diesen dann schrittweise größere Strukturen entstanden sind. Die Forscher der Universität Zürich haben diese Annahme auf den Kopf gestellt. "Unser Resultat zeigt, dass große Strukturen wie Galaxien und massereiche Schwarze Löcher in der Geschichte des Universums schnell entstanden sind. Auf den ersten Blick erscheint dies als Widerspruch zur Standardtheorie mit kalter Dunkler Materie, welche die hierarchische Bildung von Galaxien beschreibt," erklärt Mayer.

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Das scheinbare Paradox ist aber erklärbar: "Normale Materie, aus welcher der sichtbare Teil der Galaxien und supermassereiche Schwarze Löcher aufgebaut sind, kollabiert stärker als Dunkle Materie. Sie formt schnell massereiche Galaxien in den dichtesten Regionen des Universums, wo die Gravitation zuerst Strukturen bildet. Dies ermöglicht die scheinbar nicht-hierarchische Bildung von Galaxien und Schwarzen Löchern."

Riesige Galaxien und supermassereiche Schwarze Löcher entstehen schnell. Kleine Galaxien dagegen - wie etwa unsere eigene Galaxie, die Milchstraße, und ihr vergleichsweise kleines Schwarze Loch im Zentrum - sind langsamer entstanden. Dieses hat mit nur wenigen Millionen Sonnenmassen deutlich weniger Masse als die simulierten Schwarzen Löcher mit rund einer Milliarde Sonnenmassen.

Die Galaxien ihrer Simulation, so Mayer, würden in der Realität zu den größten heute bekannten Galaxien zählen und wären rund hundertmal grösser als die Milchstraße. Um eine solche aus einer Kollision hervorgegangene Riesengalaxie handelt es sich wahrscheinlich bei unserer Nachbargalaxie M87 im Virgo-Galaxienhaufen, rund 54 Millionen Lichtjahre von uns entfernt.

Die Wissenschaftler begannen ihre Simulation mit zwei großen primären Galaxien, die aus Sternen bestanden wie sie für den Beginn des Universums charakteristisch waren. Anschließend simulierten sie die Kollision und das Verschmelzen von Galaxien. Dank des Supercomputers "Zbox3" der Universität Zürich und des "Brutus Clusters" der ETH Zürich konnten die Forscher die Geschehnisse in bislang unerreichter Auflösung verfolgen: Zuerst kondensierten Gase und Staub im Zentrum der neuen Galaxie und formten dort eine dichte Scheibe. Diese wurde instabil, so dass die Gase und der Staub erneut kontrahierten und eine noch dichtere Region bildeten. Aus dieser entstand schließlich ein supermassereiches Schwarzes Loch ohne zuerst einen Stern zu bilden.

Für die Kosmologie haben die neuen Erkenntnisse Konsequenzen: Die Annahme, dass die Eigenschaften von Galaxien und die Masse des Schwarzen Lochs miteinander in Beziehung stehen, weil sie parallel wachsen, wird revidiert werden müssen. In Mayers Modell wächst das Schwarze Loch viel schneller als die Galaxie. Es ist somit denkbar, dass das Schwarze Loch nicht durch das Wachstum der Galaxie reguliert wird. Vielmehr könnte sein, dass die Galaxie durch das Wachstum des Schwarzen Lochs reguliert wird.

Mayer und seine Kollegen vermuten, dass ihre Forschung auch für die Physiker nützlich sein wird, die Gravitationswellen nachweisen und damit den direkten Beweis von Einsteins Relativitätstheorie liefern wollen. Gemäß Einstein muss die Verschmelzung von supermassereichen Schwarzen Löchern Gravitationswellen verursacht haben, Wellen im Raum-Zeit-Kontinuum, deren Überreste noch heute messbar sein sollten. Die Projekte LISA und LISA Pathfinder der ESA und NASA, an denen auch Physiker der Universität Zürich beteiligt sind, wollen solche Gravitationswellen nachweisen. Um die künftigen Messresultate korrekt interpretieren zu können, ist es wichtig, die Entstehung von supermassereichen Schwarzen Löchern in der Frühzeit des Universums zu verstehen.

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siehe auch
Chandra: Wie Schwarze Löcher Galaxien beeinflussen - 4. März 2010
Quasare: Schwarzes Loch hilft bei Galaxiengeburt - 1. Dezember 2009
Schwarze Löcher: Kosmisches Henne-Ei-Problem gelöst? - 8. Januar 2009
Quasare: Schwarzes Loch ohne Heimat - 15. September 2005
Schwarze Löcher: Symbiose mit Wirts-Galaxie entdeckt - 17. Juli 2003
Links im WWW
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