Überraschend kräftige Jets
von Stefan Deiters astronews.com
7. Juli 2010
Mit Hilfe des Very Large Telescope der Europäischen
Südsternwarte und des NASA-Röntgenteleskops Chandra haben Astronomen
ein Schwarzes Loch aufgespürt, aus dessen unmittelbarer Nähe die
energiereichsten bislang bei einem solchen Objekt entdeckten Jets ausgehen. Die
beiden Partikelstrahlen dieses Mikroquasars lassen eine gewaltige Blase aus
heißem Gas entstehen.
Künstlerische Darstellung eines Mikroquasars.
Bild: ESO/L. Calçada |
"Wir waren sehr erstaunt darüber, wie viel Energie von dem
Schwarzen Loch in das umgebende Gas injiziert wird", so Manfred Pakuli von der
Universität in Straßburg, der Hauptautor eines Artikels über die Entdeckung ist,
der in dieser Woche in der Fachzeitschrift Nature erscheint. "Dieses
Schwarze Loch hat nur eine Masse von einigen Sonnenmassen, ist aber wirklich
eine Miniaturausgabe der gewaltigsten Quasare und Radiogalaxien, in denen sich
Schwarze Löcher mit einigen Millionen Sonnenmassen befinden."
Astronomen wissen, dass in der Nähe von Schwarzen Löchern, die gerade Material
verschlucken, auch beachtliche Energiemengen frei werden. Bislang glaubte man
allerdings, dass dies hauptsächlich in Form von Strahlung geschieht. Die neuen
Untersuchungen deuten jetzt darauf hin, dass mindestens genauso viel Energie,
wenn nicht sogar noch mehr, durch gebündelte Partikelstrahlen, sogenannte Jets,
entkommt.
Wo diese Jets auf umliegendes Gas stoßen, heizen sie dieses auf und sorgen
dafür, dass es sich ausdehnt. Die so entstehende sich ausdehnende Blase enthält
dann eine Mischung aus heißem Gas und sehr schnellen Partikeln mit
unterschiedlichen Temperaturen. Durch Beobachtungen in verschiedenen
Wellenlängenbereichen können Astronomen die Rate bestimmen, mit der ein
Schwarzes Loch seine Umgebung aufheizt.
Die Wissenschaftler konnten nun beobachten, wo die Jets auf das interstellare
Material um das Schwarze Loch treffen und so berechnen, dass sich die Blase aus
heißem Gas mit einer Geschwindigkeit von fast einer Million Kilometer pro
Stunde ausdehnt. Die gesamte Blase hat einen Durchmesser von 1.000 Lichtjahren
und ist damit doppelt so groß wie ähnliche zuvor bekannte Strukturen um
Mikroquasare. Das Schwarze Loch befindet sich am Rand der Spiralgalaxie NGC 7792
in rund 12 Millionen Lichtjahre Entfernung. Die Jet-Aktivität muss nach Ansicht
der Forscher bereits seit mindestens 200.000 Jahren andauern.
Bei Mikroquasaren handelt es sich um stellare Schwarze Löcher, die Teil eines
Doppelsternsystems sind. Die Schwarzen Löcher können so ständig Material von
ihrem Begleiter abziehen. Dieses sammelt sich zunächst in einer
Akkretionsscheibe und heizt sich auf extreme Temperaturen auf. Auf diese Weise
entsteht auch die beobachtete Röntgenstrahlung. Die Jets entkommen dann
senkrecht zu dieser Akkretionsscheibe.
"Die Länge der Jets in NGC 7793 ist absolut faszinierend", meint auch
Teammitglied Robert Soria vom University College London. "Wenn das
Schwarze Loch die Größe eines Fußballs hätte, würde jeder Jet von der Erde bis
hinter die Bahn von Pluto reichen."
Durch die Untersuchung hoffen die Astronomen mehr über die Gemeinsamkeiten
von stellaren Schwarzen Löchern, die durch eine Supernova-Explosion entstehen,
und den supermassereichen Schwarzen Löchern in den Zentren von Galaxien zu
erfahren. Bei letzteren hat man häufiger extrem energiereiche Jets beobachtet,
bei den kleineren Mikroquasaren allerdings kaum. Die jetzige Entdeckung könnte
aber bedeuten, dass man die Jets vielleicht einfach nur übersehen hat.
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