Zwei Rätsel um nördliche Eiskappe gelöst
von Stefan Deiters astronews.com
28. Mai 2010
Mit Hilfe von Daten der NASA-Sonde Mars Reconnaissance
Orbiter konnten Forscher jetzt zwei Rätsel um die nördliche Eiskappe des
Roten Planeten lösen, die die Wissenschaft seit mehreren Jahrzehnten beschäftigt
hatten: Für eine gewaltige Schlucht sowie zahlreiche spiralförmige Spalten waren
offenbar Winde und keine anderen Prozesse verantwortlich.
Blick auf die nördliche Eiskappe des Mars.
Bild: NASA/JPL-Caltech/MSSS
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Die neuen, gestern im Fachmagazin Nature veröffentlichten Ergebnisse
basieren auf Daten des Shallow Radar (SHARAD) an Bord der NASA-Sonde
Mars Reconnaissance Orbiter. "Dank SHARAD haben wir jetzt einen sehr
gründlichen Einblick in Eisablagerungen auf dem Mars, ganz gleich, ob sie sich
an den Polen oder in mittleren Breitengraden befinden", so Rich Zurek,
Projektwissenschaftler für den Mars Reconnaissance Orbiter am Jet
Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena.
Auf der Erde erhalten größere Eismassen ihre Form hauptsächlich durch eine
langsame Fließbewegung. Dies aber, so die Ergebnisse der neuen Studie, hat
offenbar beim Eis am Nordpol des Mars keine Rolle gespielt. Bei den Ablagerungen
handelt es sich um Schichten aus Eis und Staub, die mehr als drei Kilometer dick
sein können. Mit Hilfe der Radardaten konnten die Wissenschaftler die
Ablagerungen am Computer Schicht für Schicht abtragen und daraus Rückschlüsse
auf ihre Entwicklung ziehen.
Das auffälligste Merkmal der nördlichen Eiskappe ist ein gewaltiges Tal, das
Chasma Boreale. Es ist länger und tiefer als der Grand Canyon auf der Erde.
Manche Wissenschaftler haben vulkanische Aktivität für die Entstehung dieser
Schlucht verantwortlich gemacht, andere glaubten, dass starke polare Winde die
Ursache waren.
Eine zweite Auffälligkeit sind kleinere Spalten, die sich spiralförmig von
der Mitte ausbreiten. Sie wurden 1972 entdeckt und seitdem kursieren
verschiedene Theorien, wie sie entstanden sein könnten. So wurde ihre Entstehung
etwa mit der Rotation des Mars oder mit unterschiedlich starker Aufheizung durch
die Sonne in Verbindung gebracht.
Die neuen Daten sprechen nun dafür, dass beide Strukturen hauptsächlich
durch Wind und über einen Zeitraum von vielen Millionen Jahren entstanden sind,
parallel zum Anwachsen der Eisschicht. Das schon vorhandene Eis hat dabei die
Windrichtung so beeinflusst, dass die Strukturen an bestimmten Stellen immer
ausgeprägter wurden.
"Niemand hatte erwartet, dass wir in den Schichten so komplexe Strukturen
finden würden", meint Jack Holt von der University of Texas in Austin.
"Aus den Schichten kann man die Geschichte von Eisbildung, Erosion und
Materialtransport durch Wind ablesen. Daraus lässt sich die Klimageschichte der
Region genauer ermitteln, als wir das zuvor erwartet hatten."
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