Schwarzes Loch von M87 auf Wanderschaft
von Stefan Deiters astronews.com
26. Mai 2010
Das Schwarze Loch im Zentrum der elliptischen Riesengalaxie
M87 befindet sich nicht an der Stelle, wo es von Astronomen vermutet worden war.
Dies ist das Ergebnis von Untersuchungen mit dem Weltraumteleskop Hubble.
Verantwortlich dafür könnte die Verschmelzung von zwei kleineren Schwarzen
Löchern in der Vergangenheit oder aber der eindrucksvolle Jet von M87 sein.
M87 mit dem Schwarzen Loch (Black Hole), das
sich nicht exakt im Galaxienzentrum (Galaxy
Center) befindet. Auch markiert ist ein Knoten im
Jet (HST-1), der 2006 aufleuchtete. Die Aufnahmen
entstanden 1998 (rechts) und 2006.
Bild: NASA, ESA, D. Batcheldor und E.
Perlman (Florida Institute of Technology), Hubble
Heritage Team (STScI/AURA) und J. Biretta, W.
Sparks und F.D. Macchetto (STScI) [Großansicht] |
Ein internationales Astronomenteam hat mit Hilfe des
Weltraumteleskops Hubble eine überraschende Entdeckung gemacht: Das
supermassereiche Schwarze Loch, das sich im Zentralbereich der relativ nahegelegenen
elliptischen Riesengalaxie M87 befindet, liegt nicht exakt im Zentrum der
Galaxie. Ursache dafür könnte nach Ansicht der Wissenschaftler sein, dass
das Schwarze Loch durch die Verschmelzung zweier weniger massereichen Schwarzen
Löcher entstanden ist. "Eine andere Möglichkeit wäre aber auch, dass der eindrucksvolle
Jet von M87 das supermassereiche Schwarze Loch aus dem Galaxienzentrum
gedrückt hat", so Daniel Batcheldor vom Florida Institute of Technology, der die
Untersuchung leitete. Die Ergebnisse werden in Kürze in der Fachzeitschrift
The Astrophysical Journal Letters veröffentlicht.
Die Untersuchung, die jetzt auch auf einer Fachtagung in Florida
präsentiert wurde, ist Teil eines größeren Beobachtungsprojektes mit dem
Weltraumteleskop Hubble, das von Andrew Robinson vom Rochester Institute of
Technology geleitet wird. "Was diese Entdeckung so interessant macht ist, dass
wir hier möglicherweise einen Hinweis auf eine Verschmelzung von zwei Schwarzen
Löchern gefunden haben", erläutert Robinson. "Das ist für Wissenschaftler
wichtig, die nach Quellen von Gravitationswellen suchen und auch für Forscher,
die die Verschmelzung von Schwarzen Löchern simulieren, da es zeigt, dass so
etwas wirklich vorkommt. Nach den gängigen Modellen sollten die Schwarzen Löcher bei
der Verschmelzung einen 'Kick' durch das Aussenden von Gravitationswellen
bekommen, wodurch sie aus dem Zentrum wandern können."
"Wenn ein supermassereiches Schwarzes Loch einmal so einen Kick abbekommen
hat", ergänzt David Merritt, Professor für Physik in Rochester, "kann es
Millionen oder gar Milliarden von Jahren dauern, bis es wieder in seine
Ruheposition zurückkehrt, insbesondere in Zentren von so großen und diffusen
Galaxien wie M87. Die Suche nach solchen Verschiebungen von Schwarzen Löchern
ist also eine gute Methode, um die Verschmelzungsgeschichte von Galaxien zu
studieren."
Eindrucksvolle Jets, wie bei M87, sind bei aktiven Galaxien
sehr häufig. Es handelt sich um gebündelte Teilchenstrahlen, die aus
unmittelbarer Nähe des Schwarzen Lochs stammen. Dieses Schwarze Loch ist für die
Aktivität der Galaxie verantwortlich, es verschlingt nämlich bei aktiven
Galaxien große Mengen an Material. Galaxien können etwa durch eine
Verschmelzung mit einer anderen Galaxie "aktiv" werden. Dadurch gerät
frisches Material ins Zentrum der Galaxie, so dass das Schwarze Loch neue
Nahrung erhält.
Die Entdeckung des verschobenen Schwarzen Lochs könnte also auch ein Hinweis
darauf sein, wie aktiv eine Galaxie ist und wie ihre Jets entstehen.
Astronomen kennen viele Galaxien wie M87, von daher ist davon auszugehen,
dass auch hier die Schwarzen Löcher nicht genau im Zentrum liegen. Dies könnte
einige interessante Konsequenzen haben, etwa in Bezug auf die Wechselwirkungen
zwischen Schwarzem Loch und der Umgebung oder die Modelle über aktive
Galaxien, in denen sich das supermassereiche Schwarze Loch in der Regel genau im
Zentrum befindet.
Besonders faszinierend ist die Entdeckung nach Ansicht der Astronomen auch im
Hinblick auf die Zukunft unserer eigenen Heimatgalaxie. Sie wird vermutlich in
drei Milliarden Jahren mit der Andromedagalaxie verschmelzen. Da sich in den
Zentren beider Galaxien Schwarze Löcher befinden, dürften auch diese
verschmelzen und das dadurch entstehende größere Schwarze Loch einige Milliarden
Jahre lang durch das Zentrum der Galaxie wandern.
Astronomen glauben, dass Galaxien durch wiederholte Verschmelzungen wachsen.
Von daher ist davon auszugehen, dass sich in zahlreichen Galaxien entweder Paare
von Schwarzen Löchern befinden oder aber Schwarze Löcher, die nach ihrer
Verschmelzung einen 'Kick' bekommen haben und dadurch im Zentrum ihrer Galaxie
umherwandern.
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