Sommer auf der Südhalbkugel von Triton
von Stefan Deiters astronews.com
7. April 2010
Auf der Südhalbkugel des Neptunmondes Triton herrscht gerade
Hochsommer. Das ergab jetzt die erste Infrarotanalyse der Atmosphäre des
Trabanten. Mithilfe des Very Large Telescope der europäischen
Südsternwarte ESO gelang der Nachweis von Kohlenmonoxid und - erstmals von der
Erde - auch von Methan. Die Beobachtungen zeigen, dass sich die dünne Atmosphäre
des Mondes jahreszeitlich verändert.
So könnte die Oberfläche des Neptunmondes
Triton mit seiner dünnen Atmosphäre aussehen.
Bild: ESO / L. Calçada
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"Wir haben direkte Beweise dafür gefunden, dass auch in dieser
Entfernung die Sonne noch einen spürbaren Einfluss hat", fast Emmanuel Lellouch
vom Observatoire de Paris die Ergebnisse der Untersuchung zusammen, die
in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen wird. "Auf
dem eisigen Mond gibt es tatsächlich Jahreszeiten wie auf der Erde, nur dass sie
sich sehr viel langsamer ändern."
Die Durchschnittstemperatur auf Triton beträgt -235 Grad Celsius. Gegenwärtig
herrscht auf der Südhalbkugel des Mondes Sommer, auf der Nordhalbkugel Winter.
Wenn sich die Sommerhalbkugel aufzuwärmen beginnt, sublimiert Stickstoff-,
Methan- und Kohlenmonoxideis auf der Oberfläche des Mondes und lässt die
Atmosphäre im Verlauf der "warmen" Jahreszeit immer dicker werden. Neptun
benötigt für einen Umlauf um die Sonne 165 Jahre. Die Jahreszeiten auf seinem
Mond dauern daher etwa mehr als vier Jahrzehnte. Mittsommer auf der Südhalbkugel
von Triton war im Jahr 2000.
Das Team um Lellouch konnte aus den Beobachtungen von Triton ermitteln, dass
der Druck in der Atmosphäre seit dem Vorüberflug von Voyager 2 im Jahr
1989 um den Faktor vier angestiegen sein muss. Damals war auf der Südhalbkugel
des Mondes noch Frühling. Der Druck ist allerdings immer noch um das
20.000-fache geringer als der atmosphärische Druck auf der Erde.
Die Astronomen konnten auch nachweisen, dass sich in der obersten Eisschicht
von Triton etwa zehn Mal mehr Kohlenmonoxid befinden muss als in tieferen
Schichten. Aus diesem kohlenmonoxidhaltigen "Film" speist sich die dünne
Atmosphäre. Sie besteht allerdings trotzdem noch hauptsächlich aus Stickstoff,
wie auch die Erdatmosphäre. Außerdem enthält sie Methan, was zuerst von
Voyager 2 entdeckt und jetzt erstmals auch von der Erde aus nachgewiesen
werden konnte. Der Nachweis dürfte Konsequenzen haben: "Klimatische und
atmosphärische Modelle von Triton müssen nun überarbeitet werden, nachdem wir
Kohlenmonoxid nachgewiesen und den Methangehalt neu bestimmt haben", so
Teammitglied Catherine de Bergh vom Oberservatoire de Paris.
Triton ist der mit Abstand größte Neptunmond und mit einem Durchmesser von
2.700 Kilometern der siebtgrößte Mond im Sonnensystem. Auf seiner Oberfläche
entdeckte Voyager 2 auch Spuren von Aktivität. Astronomen rätseln zudem
über den Ursprung des Trabanten. Da er sich retrograd, also in entgegengesetzter
Richtung zur Rotation von Neptun, um seinen Planeten bewegt, nimmt man an, dass
er von dem Eisriesen eingefangen wurde und eigentlich ein Objekt des
Kuiper-Gürtels ist. Er würde damit eher Pluto gleichen als den anderen Monden.
Triton ist ungefähr 30-mal weiter von der Sonne entfernt als die Erde, eine
detaillierte Beobachtung der Atmosphäre des Mondes also alles andere als leicht.
Bis zum Vorüberflug von Voyager 2 glaubte man noch, dass die
Tritonatmosphäre ähnlich dick wie die des roten Planeten Mars sein könnte. Der
Besuch der Sonde hat diesen Wert dann weit nach unten korrigiert.
Weitere Informationen waren später von der Erde aus nur schwer zu bekommen.
Lediglich die Verdeckung eines entfernten Sterns durch den Mond erlaubte in
seltenen Fällen einen etwas genaueren Blick auf die Atmosphäre. Dabei fand man
Hinweise darauf, dass die Atmosphäre des Mondes dicker wird.
Erst durch den Cryogenic High-Resolution Infrared Echelle Spectrograph
(CRIRES) am Very Large Telescope sind nun detailliertere Beobachtungen
möglich. "Wir brauchten die Empfindlichkeit von CRIRES um detaillierte Spektren
aufnehmen zu können und so mehr über die dünne Atmosphäre zu erfahren", so
Teammitglied Hans-Ulrich Käufl von der ESO. Im Rahmen der Beobachtungen mit
CRIRES wurde auch schon der Zwergplanet Pluto anvisiert (astronews.com
berichtete).
Für das Team sind die Beobachtungen erst der Anfang: "Wir können nun die
Atmosphäre von Triton im Blick behalten und verfolgen, wie sie sich im Verlauf
der Jahreszeiten über die Jahrzehnte verändert", freut sich Lellouch.
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