Die Nova, die ein Quasar war
Redaktion
/ Pressemitteilung der Thüringer Landessternwarte Tautenburg astronews.com
26. Februar 2010
Viele Jahre lang hielt man den kurzzeitigen Strahlungsausbruch eines Objektes
in der Andromedagalaxie für eine Nova, also für das Aufflackern eines Weißen
Zwergsterns. Allerdings wies das Objekt verschiedene Eigentümlichkeiten auf,
die sich die Astronomen nicht erklären konnten. Jetzt ist klar warum: Der
Strahlungsausbruch stammte nicht von einer Nova, sondern von einem Quasar im
Hintergrund.
Der Quasar J004457+4123 (eingekreistes Objekt
auf dem Bild oben links) erscheint als ein
schwaches Lichtpünktchen, das auf den
Himmelsaufnahmen nicht von der riesigen Anzahl
der Sterne der Andromedagalaxie (rechts) zu
unterscheiden ist.
Bild: TLS Tautenburg [Großansicht] |
Eine internationale Forschergruppe unter Beteiligung der Thüringer
Landessternwarte Tautenburg und zahlreicher anderer Institute in
Deutschland hat ein weit entferntes supermassereiches Schwarzes Loch mit
einem ungewöhnlich heftigen Helligkeitsausbruch entdeckt. Die
Interpretation dieses bislang einmaligen Ereignisses ist eine
Herausforderung und könnte interessante Hinweise auf wichtige Prozesse
in den Zentren der Galaxien enthalten.
Das Objekt J004457+4123 war zunächst bei der Suche nach Novae in der
benachbarten Andromedagalaxie aufgefallen. Novae sind kurzzeitige
Helligkeitsausbrüche eines Weißen Zwergs, der Teil eines Doppelsternsystems ist.
Der Zwergstern "saugt" Material von seinem Begleiter ab, das irgendwann
explosionsartig ins All abgestoßen wird. Dabei wird - im Gegensatz zu einer
Supernova - der Stern allerdings nicht zerstört. Das fragliche Objekt zeigte
1992 einen nova-artigen Helligkeitsausbruch, dessen spezifischer Verlauf aber
untypisch erschien. Auf Bildern des Röntgensatelliten XMM-Newton fanden
Mitarbeiter des Wissenschaftlerteams an dessen Position eine Röntgenquelle -
eine weitere Auffälligkeit.
Ein Spektrum, das daraufhin mit dem 3.5-m-Teleskop des Apache Point
Observatory im US-Bundesstaat New Mexico aufgenommen wurde, offenbarte
schließlich einen weit entfernten Quasar. Es ist damit der erste Quasar, der
hinter der Andromedagalaxie entdeckt wurde. Auf den Himmelsaufnahmen ist er als
solcher nicht zu erkennen und verbirgt sich hinter unzähligen Sterne - ganz
ähnlich wie die berühmte Nadel im Heuhaufen.
Als eigentliche Besonderheit von J004457+4123 erkannte das Team jedoch den
starken Helligkeitsausbruch von 1992. Dabei wurde innerhalb eines Jahres so viel
Energie abgegeben wie mehrere tausend sonnenähnliche Sternen im Verlauf ihrer
gesamten Entwicklung abstrahlen. Um das Strahlungsverhalten des Quasars
J004457+4123 zu untersuchen, hat die Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Dr.
Helmut Meusinger von der Thüringer Landessternwarte Tautenburg mehr als Tausend
Einzelbeobachtungen von 15 verschiedenen Teleskopen in acht Ländern ausgewertet
und zusammengefasst.
Abgesehen von dem einzigartigen Ereignis von 1992 zeigte er sich über mehr
als ein halbes Jahrhundert durchweg als ein unscheinbares, schwaches
Lichtpünktchen. Die systematische Suche in verschiedenen Datenbanken ergab, dass
es unter mehr als zehntausend Quasaren, für die Helligkeitsdaten über mehrere
Jahre verfügbar sind, kein einziges Objekt gibt, das mit J004457+4123
vergleichbar wäre.
Als mögliche Ursache des spektakulären Helligkeitsausbruchs kommt
insbesondere eine Art "kosmischer Verkehrsunfall" in Frage, bei dem ein
Riesenstern dem supermassereichen Schwarzen Loch in J004457+4123 zu nahe
gekommen ist und durch die starken Gezeitenkräfte zerrissen wurde. UV- bzw.
Röntgenlichtblitze, die bei solchen Ereignissen erwartet werden, sind bereits
mehrfach in den Zentren normaler Galaxien beobachtet worden, in denen
supermassereiche Schwarze Löcher vermutet werden.
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