Tiefer Blick in stellare Kinderstube
von Stefan Deiters astronews.com
8. Februar 2010
Die europäische Südsternwarte ESO hat in der vergangenen
Woche ein neues Bild der riesigen Sternentstehungsregion NGC 3603
veröffentlicht. In dem Nebel befindet sich einer der kompaktesten und hellsten
Sternhaufen aus jungen, massereichen Sternen, darunter der vielleicht
massereichste Stern der Milchstraße.
Blick auf die Starburst-Region NGC 3603.
Bild: ESO [Großansicht] |
NGC 3603 ist ein Gebiet, das Astronomen als Starburst-Region
beschreiben. Das bedeutet, dass hier mit einer ungewöhnlich hohen Rate neue
Sterne geboren werden. Solche Regionen mit extremer Sternentstehungsaktivität
kennt man auch aus anderen, entfernteren Galaxien. NGC 3603 ist allerdings nur
22.000 Lichtjahre von der Sonne entfernt und damit ein ideales Studienobjekt
innerhalb unserer Milchstraße für Vorgänge, die sich sonst nur in deutlich
größerer Entfernung abspielen.
Seine Form verdankt der Nebel der intensiven Strahlung und den heftigen
Winden, die von jungen massereichen Sternen ausgehen. Sie lichten damit den
Schleier aus Gas und Staub und gewähren uns einen Blick auf die zahlreichen
Sterne in dem Gebiet. Im Zentrum der Region befindet sich ein gewaltiger
Sternhaufen, der aus Tausenden von Sternen besteht. Die meisten Sterne darin
haben eine ähnliche Masse wie unsere Sonne oder sind sogar noch masseärmer,
doch es gibt einige spektakuläre Ausnahmen. Zu diesen zählen äußerst massereiche
Sterne, die so verschwenderisch mit ihrem nuklearen Brennstoff umgehen, dass sie
bald als Supernova explodieren dürften.
Auf einem Gebiet von gerade einmal einem Kubiklichtjahr befinden sich
zahlreiche, blaue Überriesen und drei sogenannte Wolf-Rayet-Sterne. Bei diesen
handelt es sich um extrem massereiche und helle Objekte, die Unmengen an
Material ins All schleudern, bevor auch sie schließlich als Supernova
explodieren. Bei einer früheren Untersuchung mit dem Instrument SINFONI am
Very Large Telescope (VLT) der ESO auf dem Gipfel des chilenischen Paranal,
konnte man feststellen, dass einer dieser Sterne zu den massereichsten Sternen
der Milchstraße gehört: NGC 3603-A1 ist ein gewaltiges Doppelsternsystem, das
sich alle 3,77 Tage umrundet und dessen einer Partner die 116-fache Masse der
Sonne und der andere die 89-fache Masse der Sonne hat.
Obwohl alle Sterne in NGC 3603 in etwa dasselbe Alter von rund einer
Millionen Jahren haben, lassen sich nahezu alle Entwicklungsphasen der Sterne in
der Region finden: von gerade entstehenden Sonnen bis hin zu Sternen, die kurz
vor ihrem explosiven Ende stehen. Zu verdanken ist dies dem extrem großen
Spektrum an Sternenmassen in dem Haufen - je massereicher ein Stern ist, desto
heller strahlt er und desto kürzer ist sein nukleares Leben.
Das jetzt veröffentlichte Foto wurde mit dem Very Large Telescope
der ESO gewonnen und macht auch die faszinierenden Strukturen im Gas und im
Staub des Haufens deutlich. Interessant ist auch der Vergleich dieser Aufnahme
mit Beobachtungen anderer Teleskope, über die astronews.com früher berichtete.
Das VLT-Bild wurde aus Beobachtungen mit drei verschiedenen Filter
zusammengesetzt, die den sichtbaren Bereich des Lichtes bis hin zu Wellenlängen
im nahen Infrarot abdecken.
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