Exoplaneten helfen solares Rätsel lösen
von Stefan Deiters astronews.com
12. November 2009
Die Suche nach extrasolaren Planeten könnte jetzt zur Lösung
eines Rätsels beigetragen haben, das Astronomen schon seit Jahren beschäftigt
und das mit einem Stern zu tun hat, der der Erde viel näher liegt: unserer
Sonne. Mithilfe des Spektrographen HARPS fanden die Forscher Hinweise darauf,
dass der bislang unerklärte niedrige Anteil von Lithium der Sonne direkt mit
ihren Planeten zu tun haben könnte.
Künstlerische Darstellung eines jungen Sterns
mit einer protoplanetaren Scheibe, in der gerade
Planeten entstehen.
Bild: ESO/L. Calçada |
"Seit etwa zehn Jahren bemühen wir uns herauszufinden, was
Sterne mit Planeten von Sternen ohne Planetensystem unterscheidet", erklärt
Garik Israelian, Hauptautor eines Artikels über die Forschungsarbeiten, der in
dieser Woche in der Fachzeitschrift Nature erscheint. Israelian
arbeitet am Instituto de Astrofisica de Canarias auf der Insel
Teneriffa. "Jetzt haben wir entdeckt, dass der Anteil von Lithium in
sonnenähnlichen Sternen davon abhängt, ob sie Planeten haben oder nicht."
Schon vor langer Zeit war den Wissenschaftlern aufgefallen, dass die Sonne
deutlich weniger Lithium aufweist als andere vergleichbare Sterne. Eine
Erklärung für diese Beobachtungen hatten die Astronomen bislang allerdings
nicht. Doch das könnte sich jetzt geändert haben: "Die Erklärung für dieses 60
Jahre alte Rätsel ist eigentlich ganz simpel: Der Sonne fehlt Lithium, weil sie
Planeten hat", so Israelian.
Zu dem Resultat gelangten die Forscher durch die Untersuchung von insgesamt
500 Sternen, von denen 70 von Planeten umkreist wurden. Die fernen Sonnen wurden
mit Hilfe des Spektrographen High Accuracy Radial Velocity Planet Searcher
(HARPS) meist über viele Jahre beobachtet, um in den Spektren Hinweise auf
Planeten zu finden. Dazu versucht man in den Daten das leichte "Wackeln" eines
Sterns nachzuweisen, das durch einen umlaufenden Planeten bewirkt wird. "Dies
ist die beste bislang verfügbare Stichprobe, um herauszufinden, was einen Stern
mit Planeten von anderen Sonnen unterscheidet", erklärt Teammitglied Michel
Mayor von der Sternwarte in Genf und einer der erfolgreichsten Planetenjäger
weltweit.
Das besondere Interesse der Forscher galt sonnenähnlichen Sternen, die etwa
25 Prozent der untersuchten Gruppe ausmachten. Dabei stellten sie fest, dass der
größte Teil der Sterne mit Planeten weniger als ein Prozent des Lithiumgehalts
der meisten anderen Sterne aufweisen. "Genau wie unsere Sonne waren diese Sterne
offenbar äußerst erfolgreich dabei, dass Lithium, das in ihnen bei der
Entstehung vorhanden war, wieder zu zerstören", so Teammitglied Nuno Santos vom
Centro de Astrofisica da Universidade do Porto. "Dank der großen Zahl
von untersuchten Sternen konnten wir auch zeigen, dass der geringere
Lithiumgehalt nichts mit anderen Faktoren wie etwa dem Alter eines Sterns zu tun
hat."
Lithium gehört zu den Elementen, die nicht in größeren Mengen in Sternen
erzeugt werden. Man geht daher davon aus, dass Lithium schon im Urknall
entstanden ist und sich eigentlich in allen Sternen in derselben Menge finden
lassen müsste - wenn es nicht durch irgendeinen Prozess zerstört wurde. Die
Entdeckung könnte sich auch als gute Möglichkeit erweisen, die Suche nach
extrasolaren Planeten effektiver zu gestalten: So könnte man sich in Zukunft bei
der Suche auf Sterne konzentrieren, die einen geringen Lithiumgehalt haben.
Fehlen tut allerdings noch ein wichtiges Teil des Puzzles: Wie genau durch
Planeten Lithium zerstört wird, ist den Astronomen noch nicht klar. "Ein Planet
kann auf ganz verschiedene Weise die internen Kreisläufe in seinem Zentralstern
stören und dadurch die Verteilung von Elementen in dem Stern beeinflussen. Dies
könnte zur Zerstörung von Lithium führen", so Mayor. "Jetzt müssen die
Theoretiker herausfinden, welche der Möglichkeiten wohl am ehesten in Frage
kommt."
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