Strikte Diät für erste Schwarze Löcher
von Stefan Deiters astronews.com
17. August 2009
Mithilfe von umfangreichen Computersimulationen haben
Astronomen jetzt versucht, dem Schicksal der ersten Schwarzen Löcher im
Universum auf die Spur zu kommen. Zu ihrer Überraschung stellten sie dabei fest,
dass diese ersten Schwerkraftfallen offenbar nicht wie erwartet sehr schnell
wachsen konnten, sondern nur ganz allmählich massereicher wurden. Ihr Einfluss
auf ihre Umgebung war aber trotzdem enorm.
Ausschnitt aus
der Computersimulation: Röntgenstrahlung des
Schwarzen Lochs (weiß) erhitzt das umgebende Gas
(blau).
Bild: KIPAC / SLAC / M. Alvarez, T. Abel
und J. Wise |
"Die ersten Sterne waren deutlich massereicher als die Sterne, die
wir heute beobachten können und erreichten oft Massen, die der über 100-fachen
Masse unserer Sonne entsprechen", erläutert John Wise vom Goddard Space Flight
Center der NASA, einer der an der Untersuchung beteiligten Wissenschaftler. "Zum
ersten Mal konnten wir simulieren, was mit dem Gas um diese Sterne herum
passiert und zwar vor und nachdem sie zu einem Schwarzen Loch wurden."
Dabei stellte sich heraus, dass die starke Strahlung der Sternenriesen einen entscheidenden Effekt auf
das Gas in ihrer Umgebung hatte: "Diese Sterne sorgten quasi dafür, dass das meisten
Gas um sie herum verschwand", erklärt Wise. Zudem beendete ein Teil dieser
Riesensonnen ihr nukleares Leben nicht als eindrucksvolle Supernova, sondern
kollabierte direkt zu einem Schwarzen Loch.
Die so entstandenen Schwarzen Löcher befanden sich nun in einem nahezu
gasleeren Bereich, so dass sie nur sehr langsam weiter wachsen konnten. "Während
der ersten 200 Millionen Jahre unserer Simulation wuchs ein Schwarzes Loch mit
der 100-fachen Masse der Sonne um weniger als ein Prozent", beschreibt Marcelo
Alvarez vom Kavli Institute for Particle Astrophysics and Cosmology das
Resultat. Alvarez leitete die Untersuchung und ist auch Hauptautor eines
Fachartikels, der in der Zeitschrift The Astrophysical Journal Letters
erscheinen wird.
Die jetzt vorgestellten Simulationen sind die detailliertesten Modellierungen
dieser Phase im jungen Universum. Die Anfangsbedingungen wurden mit Hilfe von
Beobachtungen der kosmischen Hintergrundstrahlung festgelegt, die aus einer Zeit
von etwa 380.000 Jahren nach dem Urknall stammt. In der Simulation werden
Hydrodynamik, chemische Reaktionen, Absorption und Emission von Strahlung sowie
Sternentstehung berücksichtigt.
So ist zu verfolgen, wie sich Gas langsam durch die Schwerkraft
zusammenfindet und die ersten Sterne entstehen. Diese massereichen ersten Sonnen leuchteten für kurze Zeit außerordentlich hell. Sie sandten dabei so viel
Energie aus, dass sämtliche Gaswolken aus ihrer Umgebung verschwanden. Lange
lebten diese ersten Sterne aber nicht: Bald ging der nukleare Brennstoff zu
Ende. Sie kollabierten zu Schwarzen Löchern, die sich dann allerdings in einer
Umgebung befanden, in der es kaum Material mehr gab, das das Schwarze Loch hätte
aufnehmen können.
Trotzdem hatten diese Schwarzen Löcher einen wichtigen Effekt auf ihre
Umgebung: Dies wurde in der Simulation durch die Berücksichtigung von
Röntgenstrahlung aus der
unmittelbaren Umgebung des Schwarzen Lochs deutlich, die weiter entferntes Gas
beeinflussen konnte. Sie sorgte nicht nur dafür, dass sich dieses Gas nicht in
Richtung des Schwarzen Lochs bewegte, sondern konnte das bis zu 100 Lichtjahre
entfernte Gas auf Temperaturen von mehren Tausend Grad Celsius erhitzen.
In heißem Gas aber können keine Sterne entstehen: "Obwohl die Schwarzen
Löcher kein signifikantes Wachstum zeigen, ist die von ihnen ausgehende
Strahlung doch stark genug, um Sternentstehung in ihrer Umgebung für zehn oder
gar 100 Millionen Jahre zu unterbinden", fasst Alvarez die Bedeutung der
Ergebnisse zusammen. Schwarze Löcher im jungen Universum hatten somit eine
überraschend vielfältige Rolle bei der Entstehung von Strukturen im All.
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