Lageregelung mit Sternsensor
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Würzburg astronews.com
4. August 2009
Jedes Kilogramm, das mit einer Rakete ins All transportiert werden muss, ist
teuer. Dies macht kleine Satelliten für Weltraumprojekte so interessant. Ihr
Start lässt sich nämlich schon mit relativ geringem Aufwand finanzieren. Die
Entwicklung der winzigen Satelliten stellt die Techniker allerdings vor so
manche neue Herausforderung. Wissenschaftler der Uni Würzburg arbeiten an
entsprechenden Lösungen.
An der Universität Würzburg arbeitet man schon
seit einiger Zeit an der Entwicklung von
Kleinstsatelliten wie UWE-1 und UWE-2.
Foto: Universität
Würzburg / Institut für Informatik |
Satelliten werden mit Trägerraketen in den Weltraum befördert. Je größer und
schwerer sie sind, umso teurer ist das Unterfangen: "Bei richtig großen
Satelliten, die mehrere Tonnen wiegen, kommen je nach Trägerrakete Startkosten
von 50 bis 150 Millionen Euro zusammen", sagt Professor Hakan Kayal vom
Lehrstuhl für Technische Informatik der Universität Würzburg. Dagegen kostet der
Start eines Kleinstsatelliten von einem Kilogramm Gewicht nur rund 40.000 Euro.
Mit Satelliten dieser Größenordnung haben die Würzburger Informatiker
Erfahrung: Das erste Exemplar des Universität Würzburg Experimentalsatelliten
UWE wurde 2005 in den Orbit geschossen; UWE-2 soll Anfang
September 2009 folgen. "Besonderen Erfolg verspricht die Strategie, mehrere
Kleinstsatelliten als Sensornetzwerke kooperieren zu lassen", erklärt Professor
Kayal. Das bedeutet: Die Satelliten können an verschiedenen Stellen im Orbit
zeitgleich Messungen durchführen - und zwar so engmaschig, wie es mit nur einem
einzigen großen Satelliten gar nicht ginge.
Daten über die Erde erheben, Weltraumschrott im Orbit orten oder ferne
Galaxien beobachten: All das und mehr ist mit einer Flotte von Kleinstsatelliten
denkbar. Für die meisten Anwendungen, etwa für die Erdbeobachtung, ist eine
genau definierte Ausrichtung der Satelliten von größter Bedeutung. Denn ohne
aktive Lageregelung würde sich ein Satellit im Weltraum unkontrolliert drehen -
Schuld daran ist die Schwerelosigkeit.
Wie lässt sich die Lage eines Satelliten im Raum regeln? Dafür sind
hochpräzise Sensoren nötig, mit denen der Satellit seine aktuelle Lage bestimmt.
Sogenannte Sternsensoren eignen sich laut Kayal dafür am besten: Sie werten
Sternbilder aus, die sie zuvor mit einer Kamera gemacht haben. Erkennen sie eine
bestimmte Sternkonstellation, dann können sie mit dieser Information autonom und
eindeutig die Ausrichtung des Satelliten ermitteln.
Im nächsten Schritt muss der Satellit in die gewünschte Richtung gedreht
werden - etwa durch das Zusammenspiel von kleinen Rädern in seinem Inneren. Wenn
eines der Rädchen sich dreht, bewegt sich der Satellit in Schwerelosigkeit in
die entgegengesetzte Richtung. "Mit mindestens einem Rad pro Achse kann man den
Satelliten in jede beliebige Richtung wenden", sagt Hakan Kayal.
Sternsensoren werden in den meisten größeren Satelliten bereits eingesetzt.
Ein Sternsensor für Kleinstsatelliten soll nun unter dem Namen STELLA an der
Universität Würzburg in zwei Jahren bis zur Flugreife entwickelt und gebaut
werden. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) fördert das Vorhaben
von Hakan Kayal mit knapp einer halben Million Euro. An dem Projekt wirken zwei
wissenschaftliche Mitarbeiter und vier studentische Hilfskräfte mit. Weitere
Studierende sollen mit Master- oder Bachelor-Arbeiten beteiligt sein. Ein neuer
Bachelor-Studiengang zum Thema Luft- und Raumfahrtinformatik startet an der Uni
Würzburg zum Wintersemester 2009/10.
"Der neue Sternsensor wird die Anwendungsmöglichkeiten von Pico- und
Nanosatelliten erheblich verbessern", so die Prognose des Würzburger Professors.
Pico- und Nanosatelliten sind der gängigen Klassifizierung zufolge Satelliten
mit einem Gewicht von 0,1 bis 1 Kilogramm (Pico) oder von 1 bis 10 Kilogramm
(Nano).
Mit dem Sternsensor will das Würzburger Team später Forschungen angehen, bei
denen die Bilddatenverarbeitung an Bord eine Rolle spielt. Um die autonome
Zielplanung von Satelliten soll es zum Beispiel gehen oder um das Aufspüren von
Weltraumschrott im Orbit. Letzteres Thema gilt als dringlich: Die Gefahr, dass
Satelliten im Orbit von Schrottteilen beschädigt werden, hat sich in den
vergangenen Jahren deutlich erhöht, wie Hakan Kayal sagt. Gestiegen ist
gleichzeitig die Abhängigkeit der Menschen von der Infrastruktur im Orbit - ob
es nun um Kommunikation, Navigation oder Erdbeobachtung geht.
Bislang existiert kein europäisches System zur Überwachung der Vorgänge im
Weltraum. Erst kürzlich hat darum die Europäische Weltraumagentur ESA ein neues
Programm gestartet: Es soll Europa unabhängig von anderen in die Lage versetzen,
alle Objekte in der Umlaufbahn zu finden und mögliche Gefahren für den Betrieb
der eigenen Satelliten abzuschätzen oder zu vermeiden. Zu dieser Aufgabe will
auch Professor Kayal seinen Beitrag leisten.
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