Babysterne im galaktischen Zentrum entdeckt
von Stefan Deiters astronews.com
11. Juni 2009
Mithilfe des Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer
ist es Astronomen erstmals gelungen, neugeborene Sterne im turbulenten Zentrum
unserer Milchstraße aufzuspüren. Schon länger hatten Wissenschaftler vermutet,
dass an diesem unwirklichen Ort Sterne entstehen müssen und daher auch nach
extrem jungen Sonnen gefahndet - zuvor allerdings ohne Erfolg.
Zwei der entdeckten Babysterne in einer
Infrarot-Aufnahme des Weltraumteleskops Spitzer.
Bild: S. V. Ramirez (NExScI/Caltech), D.
An (IPAC/Caltech), K. Sellgren (OSU) [Großansicht]
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Das Zentrum unserer Milchstraße ist alles andere als ein ruhiger
Ort: Hier befindet sich eine große Menge an Sternen, Staub und Gas und natürlich
das supermassereiche Schwarze Loch. All dies sorgt für eine recht unwirkliche
Umgebung. Stoßwellen, starke stellare Winde und andere Faktoren sollten
eigentlich dafür sorgen, dass es Sterne hier sehr schwer haben, überhaupt zu
entstehen.
Und doch scheint genau dies zu passieren: Astronomen haben in den vergangenen
Jahren zahlreiche Hinweise darauf gefunden, dass an diesem chaotischen Ort
Sterne entstehen können und fragen sich seitdem, wie es dazu überhaupt kommen
kann. Um diese Frage zu beantworten, wäre es hilfreich, extrem junge Sterne im
Galaxienzentrum aufzuspüren - eine nicht leichte Aufgabe, ist das Zentrum der
Milchstraße doch hinter dichten Staubwolken verborgen.
So blieb die Suche nach diesen Babysternen lange erfolglos - bis jetzt:
"Diese Sterne sind so etwas wie die Nadeln im Heuhaufen", vergleicht Solange
Ramirez vom Exoplanet Science Institute der NASA am California
Institute of Technology (Caltech) in Pasadena. "Es gibt keine Möglichkeit
sie im optischen Bereich des Lichtes aufzuspüren, weil der Staub die
Beobachtungen stört. Wir brauchten den Infrarotblick von Spitzer, um
den Staub zu durchdringen und die Objekte zu finden."
Die Astronomen planen, nach weiteren dieser extrem jungen Sterne zu suchen,
um schließlich klären zu können, unter welchen Bedingungen Sterne im
unwirklichen Milchstraßenzentrum überhaupt entstehen können. "Wenn wir uns
individuelle Sterne im galaktischen Zentrum anschauen, können wir besser
nachvollziehen, wie Sterne unter ganz verschiedenen Bedingungen entstehen",
erläutert Deokkeun An vom Infrared Processing and Analysis Center am
Caltech. "Die Milchstraße ist nur eine von mehr als hundert Milliarden von
Galaxien im sichtbaren Universum. Allerdings ist sie etwas Besonderes, weil wir
hier einen Blick auf individuelle stellare Komponenten werfen können."
Das Zentrum der Milchstraße hat einen Durchmesser von etwa 600 Lichtjahren
und macht damit nur einen Bruchteil unserer etwa 100.000 Lichtjahre
durchmessenden Heimatgalaxie aus. Trotzdem enthält es etwa zehn Prozent des
gesamten Gases der Milchstraße und eine Vielzahl von Sternen. Schon früher
hatten Astronomen hier Sternhaufen aus vergleichsweise jungen Sternen entdeckt
und auch Wolken aus geladenem Gas - ein Hinweis darauf, dass neu geborene Sterne
mit ihrer Strahlung das sie umgebende Gas ionisiert haben. Nur wirkliche junge
stellare Objekte, also Babysterne, hatte man bislang nicht aufspüren können.
Das Team, das seine Resultate auch zur Veröffentlichung bei der
Fachzeitschrift The Astrophysical Journal eingereicht hat, begann die
Suche nach den Sternenbabys mit einer intensiven Durchsicht von Spitzer-Daten
des galaktischen Zentrums und konzentrierte sich dann auf 100 potentielle
Kandidaten, die sie anschließend mit dem Spektrographen von Spitzer
genauer untersuchten.
Drei Kandidaten stellten sich dabei eindeutig als junge stellare Objekte
heraus. "Für mich ist das sehr faszinierend, dass wir diese Sterne entdeckt
haben", so Ramirez. "Das galaktische Zentrum ist ein äußerst interessanter Ort.
Es hat junge Sterne, alte Sterne, Schwarze Löcher, einfach alles. Wir haben mit
unserer Suche in einem Katalog von etwa einer Millionen Objekten begonnen und am
Ende drei junge Sterne entdeckt - Sterne, die uns einmal helfen werden, das
Geheimnis des Zentrums der Milchstraße zu lüften."
Die jungen Sterne sind allesamt weniger als eine Millionen Jahre alt. Sie
sind umgeben von einem Kokon aus Gas und Staub. Dieser könnte sich im Laufe der
Zeit abflachen und zu einer Scheibe werden. In solchen rotierenden Staubscheiben
um junge Sonnen können, so die Theorie der Astronomen, dann durch das Verklumpen
winziger Staubteilchen immer größere Brocken und schließlich Planeten entstehen.
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