Neues über gewaltige Materie-Jets
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
22. April 2009
Einem internationalen Team von Astronomen gelang durch Kombination von
Beobachtungen im Radio- und Gammastrahlenbereich ein ganz neuer Einblick in
die Natur von
Materie-Jets, den von Schwarzen Löchern ausgehenden energiereichsten Objekten des Universums.
Sie stellten fest, dass die
Schwarzen Löcher mit den gewaltigsten und schnellsten Jets auch sehr große
Mengen an Gammastrahlung produzieren.
Ausschnitt des Himmels im Gammastrahlenbereich,
aufgenommen vom Satelliten-Observatorium Fermi
(Hintergrund). Die eingesetzten Bilder zeigen
Radioaufnahmen der Jets von ausgewählten aktiven
Galaxienkernen, die mit dem VLBA im Rahmen des
MOJAVE-Projekts beobachtet wurden. Bild: Matthias
Kadler und NASA/DOE/Fermi LAT Team und
NRAO/AUI/MOJAVE Team [Gesamtansicht] |
Das internationale Team von Wissenschaftlern, darunter auch Astronomen
des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn, beobachtete Schwarze
Löcher, die etwa eine Milliarde Mal massereicher als unsere Sonne sind, und sich
in den Kerngebieten entfernter aktiven Galaxien befinden. Mit dem
VLBA-Radioteleskop in den USA wurden dabei die im Radiobereich hell leuchtenden
Jets beobachtet, die von Schwarzen Löchern in entfernten Galaxien erzeugt
werden.
Ergänzend dazu ermittelte das Fermi-Gammastrahlenteleskop der NASA
vom Weltraum aus die von den Jets produzierte Gammastrahlung. Yuri Kovalev,
Humboldt-Stipendiat und Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für
Radioastronomie, ist enthusiastisch: "Diese Objekte sind erstaunlich: Endlich
wissen wir, dass die schnellsten, kompakten und hellsten Jets die wir im
Radioteleskop sehen, auch diejenigen sind, die die stärkste Gammastrahlung
aussenden."
Supermassereiche Schwarze Löcher, die sich im Zentrum weit entfernter
Galaxien befinden, sind nicht größer als als unser Sonnensystem, haben jedoch
aufgrund ihrer großen Masse starken Einfluss auf ihre Umgebung. Sie ziehen
Sterne, Gas und Staub an und schaffen so ein großes magnetisches Feld. Dieses
Feld schließt einen Teil des Gases ein und fokussiert es zu einem Jet, der vom
Zentrum der Galaxie ausgestoßen wird und dabei nahezu Lichtgeschwindigkeit
erreicht.
Astronomen versuchen schon seit Jahrzehnten, den Aufbau und die
Zusammensetzung dieser strahlenden energiegeladenen Jets zu entschlüsseln und
herauszufinden, ob sie auch andere Formen elektromagnetischer Strahlung abgeben.
Erste Hinweise dazu ergaben sich mithilfe des EGRET-Gammastrahlenteleskops in
den späten 1990er-Jahren und mit dem Weltraumteleskop Chandra.
Jetzt wurde die Vorhersage eines Zusammenhangs zwischen den verschiedenen
Strahlungsarten bestätigt. "Die Verbindung des erstklassigen VLBA-Radioteleskops
mit dem neuen Gammastrahlenteleskop liefert erstaunliche Einsichten in die
Mechanismen der Beschleunigung und der Strahlung in diesen rätselhaften
Schwarzen Löchern", sagt Anton Zensus, Direktor am Max-Planck-Institut für
Radioastronomie und Fermi-Affiliated Scientist. "Es ist nun
bewiesen, dass auf einer Skala von nur wenigen Lichtjahren die Quellen mit
starker Gammastrahlung leuchtkräftiger und kompakter sind, und die Jets sich
schneller ausbreiten als in Quellen ohne nachweisbare Gammastrahlung".
Die Forscher beobachteten die Gammastrahlung mit dem Fermi-Gammastrahlenteleskop
der NASA, das seit 2008 in Betrieb ist. Fermis Large Area Telescope
(LAT) nimmt mehrmals täglich Bilder des gesamten Himmels auf, um
außergewöhnliche und oft schnell veränderliche Phänomene des Universums zu
erforschen wie etwa Pulsare, den Ausbruch von Schwarzen Löchern und anderer
Gammastrahlungsquellen. Allerdings reicht dies nicht aus, um die exakte Position
des Ursprungs der Strahlung festzustellen.
Das VLBA-Radioteleskop wirkt wie ein Vergrößerungsglas - unter diesem
erscheinen die Details dieser energiereichen Ereignisse in entfernten Galaxien
so, als würden sie sich in unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft
abspielen. Interessanterweise entdeckten die Wissenschaftler durch das Fermi-Teleskop,
dass viele Objekte, die starke Ausstöße von Gammastrahlung zeigen, auch zur
gleichen Zeit Radiowellen ausstrahlen.
Das VLBA ist ein US-amerikanisches System von zehn Radioteleskopantennen, das
sich von Hawaii im Westen bis zu den Jungferninseln im Osten erstreckt. Es wurde
1993 in Betrieb genommen, um die hellsten Objekte des Universums mit der
astronomisch höchst-möglichen Auflösung zu beobachten. "Wir haben nun schon über
zehn Jahre Bilder der hellsten Galaxien am Radiohimmel gesammelt, um die
Bewegungen ihrer Jets zu studieren", erklärt Matthew Lister, Physikprofessor an
der Purdue University. "Wir haben eine lange Zeit gewartet, um unsere
Messungen mit den Ergebnissen des Gammahimmels vergleichen zu können, wozu wir
nun endlich in der Lage sind."
Die Astronomen identifizierten nun die Entstehungsregion der Jets nahe der
Schwarzen Löcher zweifelsfrei als Ursprung sowohl der Radio- als auch der
Gammastrahlung. Diejenigen Jets, die sich bisher der Entdeckung durch das
Fermi-Gammastrahlenteleskop erfolgreich entzogen, sind auch im Radiobereich
weniger auffällig und senden schwächere Radiostrahlung aus. Die gewaltigen
Vorgänge in der unmittelbaren Umgebung des Schwarzen Lochs führen demnach zu
gekoppelten Helligkeitsausbrüchen in beiden Wellenlängenbereichen.
Dennoch müssen einige Teile des Puzzles noch gelöst werden: Fermi
fand auch Quellen starker Gammastrahlung am Himmel, die weder Radiowellen noch
sichtbares Licht ausstrahlen und deren Natur noch völlig ungeklärt ist. Der
gemeinsame Blick auf das Universum durch Fermi und das VLBA, ermutigt
die Astronomen jedoch, weitere faszinierende Rätsel zu erforschen und lässt neue
aufregende Entdeckungen erwarten. Die Wissenschaftler berichten über ihre
Resultate in der kommenden Ausgabe der Fachzeitschrift Astrophysical Journal
Letters.
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