Boten eines außerirdischen Frühlings
von Stefan Deiters astronews.com
27. März 2009
Auf der Nordhalbkugel der Erde wartet man in manchen
Regionen noch sehnsüchtig auf die ersten Boten des Frühlings. Auf der
Südhalbkugel des Mars hat die NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter eindeutige
Indizien für die beginnende wärmere Jahreszeit fotografiert. Die außerirdischen
Frühlingsboten sehen allerdings gänzlich anders aus als wir es von der Erde her
kennen.
Die HiRISE-Kamera fotografierte Anfang Februar
2009 eigentümliche Frühjahrsboten auf der Marsoberfläche. Das
Bild zeigt einen etwa einen Kilometer
durchmessenden Bereich.
Bild: NASA / JPL-Caltech / University of
Arizona [Großansicht] |
"Der Frühling auf dem Mars unterscheidet sich deutlich vom
Frühling auf der Erde, weil der Mars nicht nur eine dauerhafte Eiskappe
an den Polen besitzt, sondern auch saisonale Eiskappen aus gefrorenem
Kohlendioxid, das auf der Erde als Trockeneis bekannt ist", erläutert
Candice J. Hansen-Koharcheck vom Jet Propulsion Laboratory der NASA,
die stellvertretende Verantwortliche für das Kamera-Experiment HiRISE an
Bord der Sonde Mars Reconnaissance Orbiter.
Die saisonalen Eiskappen aus Kohlendioxid-Eis bilden sich in jedem
Winter, wenn sich das Kohlendioxid der Atmosphäre direkt in Frost
verwandelt und sich so eine Schicht aus Trockeneis über die
Marsoberfläche legt. Diese Trockeneisschicht kann bis zu einem Meter
dick werden. Wenn der Frühling beginnt, taut das Trockeneis und es
verwandelt sich wieder direkt in seinen gasförmigen Zustand. Dabei
schmilzt die saisonale Eiskappe sowohl von oben als auch von unten und
dies führt zu ganz besonderen Effekten.
Das Gas unter der Eiskappe "fließt" nämlich jedes Jahr an den
selben Stellen und gräbt so langsam Mulden und Rinnen in den Untergrund,
die auch noch deutlich zu erkennen sind, wenn das Eis komplett
verschwunden ist. Doch das ist noch nicht alles: "Wenn die saisonale
Eiskappe von unten taut, erhöht sich unter ihr langsam der Gasdruck",
beschreibt Hansen-Koharcheck. "Und wenn das Gas dann eine schwache
Stelle oder eine Spalte im Eis entdeckt, entweicht es dadurch und nimmt
oft etwas Staub vom Untergrund mit nach oben."
Dass sich Druck unter der Eiskappe bildet ist der zentrale
Unterschied zwischen dem Abtauen des Kohlendioxid-Eises auf dem Mars und von gefrorenem
Wasser auf der Erde. Auf der Erde wird
das Eis nämlich zunächst zu Wasser, kann unter der Eisschicht abfließen
oder versickert im Boden. Auf jetzt veröffentlichten Bildern der HiRISE-Kamera
sind die Folgen der auf dem Mars im Frühjahr entstehenden Gasfontänen zu
erkennen, die aus dem schmelzenden Eis hervorschießen: Die Ablagerungen
des Staubs bilden eigentümliche Muster auf dem Eis.
Die Astronomen glauben, dass viele dieser Fontänen gleichzeitig aktiv
sind. Auf Bildern sind nämlich in verschiedenen Bereich unterschiedlich
ausgerichtete Staubablagerungen zu erkennen. Die Wissenschaftler
vermuten, dass während des Abtauens zunächst Fontänen in einer Region
aktiv sind. Später entweicht das Gas in Fontänen in einem anderen
Gebiet. Wenn sich zwischenzeitlich die Windrichtung auf dem Mars
geändert hat, kommt es zu den unterschiedlich ausgerichteten
Ablagerungen des Staubs. Hansen-Koharcheck schätzt, dass die auf dem
Bild sichtbare Eisschicht etwa einen halben Meter dick sein dürfte.
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