Position der Erde wirklich nichts Besonderes
von Stefan Deiters astronews.com
23. Dezember 2008
Die Position der Erde im Universum ist wirklich nichts
Besonderes. Dies stellten Astronomen der kanadischen University of British
Columbia in einer jetzt vorgelegten Studie noch einmal fest. Die
Wissenschaftler widersprachen damit alternativen Modellen, die die Effekte der
ominösen Dunklen Energie durch eine besondere Lage der Erde im Weltall erklären
wollen.
Unser Platz im All (hier ein Bild des
Hubble-Weltraumteleskops) ist offenbar wirklich
nichts Besonderes.
Bild:
STScI / NASA |
Eine der wohl entscheidendsten Änderungen im Weltbild der Menschen
wird durch die kopernikanische Wende beschrieben: Der polnische Astronom
Nikolaus Kopernikus veröffentlichte Mitte des 16. Jahrhunderts sein
revolutionäres Werk, in dem er die Erde als nur einen unter mehreren Planeten
beschrieb, die um die Sonne kreisen. Bislang hatte man immer die Erde im Zentrum
des "Sonnen"systems gesehen, das damals auch gleichzeitig das bekannte Universum
darstellte. Die Erde war also bis dahin der Mittelpunkt des Universums.
Seit Kopernikus ist die Erde nur noch ein gewöhnlicher Planet. Kosmologen
haben diese Vorstellung in der Zeit danach noch weiterentwickelt. Das sogenannte
"kosmologische Prinzip" besagt, dass das Universum, wie wir es in seiner
Gesamtheit beobachten, von jedem Punkt im Grunde genommen gleich aussieht. Die
Position der Erde in diesem Universum spielt also für die Beobachtungen und die
daraus resultierenden Schlussfolgerungen keine Rolle. Dieses Prinzip ist
inzwischen zur wichtigen Grundlage der kosmologischen Modelle geworden.
Die Frage, die man sich aber natürlich stellen kann, ist, ob das stimmt: Ist
unsere galaktische Nachbarschaft wirklich ganz normal oder ist sie vielleicht
doch etwas Besonderes? Hier einen Beweis zu führen ist schwierig. Und so wundert
es nicht, dass manche Forscher auch an dem fundamentalen kosmologischen Prinzip
zweifelten, als man Ende des vergangenen Jahrhunderts Indizien dafür entdeckte,
dass eine ominöse Dunkle Energie für eine beschleunigte Ausdehnung des
Universums verantwortlich sein muss.
Einige Wissenschaftler entwickelten nämlich ein Modell, das versucht, die
Beobachtungen ohne Dunkle Energie zu erklären, dafür aber das kosmologische
Prinzip über den Haufen wirft: Danach befindet sich die Erde im Zentrum eines
gewaltigen blasenförmigen Leerraums, in dem es kaum Materie gibt. In diesem
Fall, so die Forscher, würde einfach die Gravitation für einen Effekt sorgen,
der von unserer Position aus wie eine beschleunigte Expansion aussehen würde.
Astronomen der kanadischen University of British Columbia haben sich
dieser These nun angenommen: In dem Beitrag "Can We Avoid Dark Energy?",
der in der Fachzeitschrift Physical Review Letters erschienen ist,
untersuchen die Forscher die Leerraum- oder Void-Modelle mit Hilfe
aktueller Beobachtungsdaten, wie etwa denen der Wilkinson Microwave
Anisotropy Probe (WMAP) und verschiedener Teleskope auf der Erde.
"Wir haben die Leerraum-Modelle mit den aktuellsten Daten verglichen",
erläutert Jim Zibin, "und dabei sowohl die winzigen Details in der
Hintergrundstrahlung berücksichtigt, also vom Nachglühen des Urknalls, als auch
die großräumige Verteilung der Materie. Dabei stellten wir fest, dass die
Leerraum-Modelle die Kombination dieser Daten nur sehr schlecht wiedergeben
können."
Stattdessen bestätigten die Rechnungen des Teams die aktuelle Theorie, nach
der die ominöse Dunkle Energie für die beobachtete Expansion verantwortlich ist.
"Die jüngsten Fortschritte bei der Beobachtung haben inzwischen zu einer sehr
präzisen Kosmologie geführt", so Zibin. "Leerraum-Modelle sind ganz furchtbar,
wenn sie diese neuen Daten erklären sollen. Das Standard-Dunkle-Energie-Modell
hingegen funktioniert dabei sehr gut."
"Da wir das Universum nur von der Erde aus beobachten können, ist es sehr
schwer, festzustellen, ob wir an einem besonderen Ort im All Leben", meint Zibin
abschließend. "Aber jetzt wissen wir zumindest, dass unser Platz im All deutlich
gewöhnlicher ist als die merkwürdige Dunkle Energie, die einen großen Teil des
Universums ausmacht."
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