Entstehen mehr Sterne als gedacht?
Redaktion /
Pressemitteilung der Universität Bonn astronews.com
2. Oktober 2008
Werden im Universum mehr Sterne geboren als bislang
angenommen? Bonner Astronomen sind dieser Auffassung und
begründen ihre These jetzt in einem Beitrag im Wissenschaftsmagazin Nature.
Grund für die Diskrepanz ist nach Ansicht der Forscher ein systematischer
Schätzfehler. Die Situation in massereichen Sternhaufen in Galaxienzentren würde
ungerechtfertigterweise auf die Randbereiche übertragen.
Sterne entstehen
überwiegend in Sternhaufen wie dem Orion-Nebel.
Bild: NASA, ESA, M. Robberto (Space
Telescope Science Institute/ESA) und das Hubble
Space Telescope Orion Treasury Project Team
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Einfach ist es nicht, die "Geburtenrate" bei Sternen zu bestimmen, da es
aufgrund der Entfernungen im All kaum möglich ist, die neuen Himmelkörper
einfach zu zählen. Der Sternen-Nachwuchs verrät sich jedoch glücklicherweise durch die so genannte H-Alpha-Strahlung: Je mehr Sterne in einer bestimmten Region entstehen, desto mehr H-Alpha-Strahlung sendet diese Region aus.
"H-Alpha-Strahlung entsteht allerdings nur in der Umgebung sehr schwerer Sterne", erklärt Jan Pflamm-Altenburg vom Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn.
Um nun trotzdem die gesamte Geburtenrate abschätzen zu können, hätte
man, so die Bonner Astronomen, bislang angenommen, dass schwere und leichte Sterne stets in einem bestimmten Verhältnis zueinander geboren werden: Auf einen
Stern mit H-Alpha-Strahlung sollten demnach 230 masseärmere Sterne kommen, die keine H-Alpha-Strahlung verursachen.
Neue Beobachtungen werfen diese Theorie jedoch über den Haufen: Am Rand so genannter Scheibengalaxien wie der Milchstraße hört die H-Alpha-Strahlung nämlich abrupt auf. Lange Zeit nahm man daher an, dass dort gar keine Sterne geboren werden.
"Man erklärte das damit, dass dort einfach zu wenig gasförmige Materie existiert, die sich zu Sternen zusammenballen könnte",
so Pflamm-Altenburg. "Das Verständnis, wie sich Galaxien vom Urknall bis heute entwickeln, basiert zum großen Teil auf diesen Theorien."
Neue Beobachtungen haben jedoch jüngst enthüllt, dass jenseits des "H-Alpha-Randes" durchaus Sterne entstehen. Allerdings sind sie ausnahmslos so massearm, dass sie keine H-Alpha-Strahlung aussenden. Das Zahlenverhältnis von 230
massearmen zu einem massereicheren Stern stimmt an Galaxienrändern also nicht. "Diese Beobachtung hat die astronomische Gemeinschaft vor ein erhebliches Rätsel gestellt",
so Pavel Kroupa, der als Professor am Argelander-Institut arbeitet.
Die Lösung des Rätsels ist nach Ansicht von Kroupa und Pflamm-Altenburg im Prinzip ganz einfach:
Sterne, so die Astronomen, würden nicht gleichmäßig über die Galaxien verteilt
entstehen, sondern in so genannten Sternhaufen, wie etwa dem Siebengestirn oder
dem Orion-Nebel. Nur in großen, massereichen Sternhaufen kommen auch massereiche Sterne zur Welt - also solche, die H-Alpha-Strahlung verursachen können. "Diese schweren
Sternhaufen gibt es aber vor allem in den Innenbereichen von Scheibengalaxien",
erläutert Pflamm-Altenburg. "Zu den Rändern werden sie immer seltener. Dort
finden sich eher kleinere Haufen, in denen überproportional häufig leichtere
Sterne entstehen."
Das Zahlenverhältnis von 230 zu 1, so die Bonner Wissenschaftler, würde also nur für die Galaxienzentren
stimmen. Am Galaxienrand könnten auf einen neuen Stern mit H-alpha-Strahlung auch mal
Tausend oder mehr masseärmere Sterne kommen. Wer also aus der H-Alpha -Strahlung stets mit demselben Faktor auf die Gesamtzahl der Sterngeburten
hochrechnet,
könnte diese erheblich unterschätzen.
Dies wiederum dürfte erhebliche Folgen bei der Erforschung der Galaxienentwicklung
haben.
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