Grundlagenforschung im All
Redaktion /
Pressemitteilung der MPG astronews.com
30. Juni 2008
Die deutsche Wissenschaft und
Raumfahrtindustrie sehen sich gut aufgestellt für die nächste Phase der
Forschung im All. So zumindest die Ansicht von 120 Vertretern aus Wissenschaft,
Industrie und Politik auf einem Workshop in München. Was jetzt noch fehle, sei
allerdings ein Strategiepapier zur nationalen Raumfahrt.
Die Zukunft liegt im All: Mit dem Projekt LISA -
drei identische Satelliten, die in
Dreiecksformation fliegen - wollen Forscher in
ein paar Jahren nach Gravitationswellen fahnden.
Bild: NASA / JPL-Caltech |
Der Weltraum. Unendliche Weiten - und viel Platz für Wissenschaft. Welche Themen
eignen sich zur Erforschung in der Schwerelosigkeit? Wie sehen die Pläne für
mittel- und langfristige Projekte aus? Welche Möglichkeiten der Förderung gibt
es? Solche Fragen diskutierten etwa 120 Vertreter aus Wissenschaft, Industrie
und Politik auf einem zweitägigen Workshop, zu dem das Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik eingeladen hatte. Ziel der Veranstaltung in den Räumen
des bayerischen Wirtschaftsministeriums: Die Vorbereitung eines Strategiepapiers
zur nationalen Raumfahrt.
"Die Zeiten für die Raumfahrt sind heute so gut wie seit 20 Jahren nicht mehr", sagte Jürgen Breitkopf, Geschäftsführer des mittelständischen Unternehmens Kayser-Threde, zu Beginn der Veranstaltung. Das betreffe sowohl das Budget, als auch die Möglichkeit, von Deutschland aus europaweit Schlüsselpositionen zu besetzen. Breitkopf appellierte an die Forscher, solide und langfristige Pläne aufzustellen. "Dann bestehen gute Chancen, dass sie auch umgesetzt werden." Wichtig sei der offene Dialog zwischen den Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft.
Und genau der stand im Mittelpunkt des Münchner Workshops.
Die Ausgangslage ist dabei gar nicht so schlecht: Nach den Worten von Ludwig Baumgarten, Vorstandsmitglied des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), ist Deutschland bei der Forschung unter Schwerelosigkeit ganz vorn dabei. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die Experimente mit komplexen Plasmen oder dem Bose-Einstein-Kondensat. "Auch bei LISA und LISA-Pathfinder, Missionen zum Nachweis von Gravitationswellen, sind deutsche Wissenschaftler führend", sagte Baumgarten. Sein Fazit: "Ein starkes nationales Programm ist die beste Voraussetzung, sich auch an europäischen Projekten zu beteiligen."
Baumgartens Vorstandskollege Thomas Reiter mahnte dringend die strategische Neuausrichtung der deutschen Raumfahrt an. "Das letzte Programm wurde im Jahr 2001 vom Bundesforschungsministerium entwickelt", sagte der ehemalige Astronaut, der sich in der russischen
Mir ebenso aufgehalten hatte wie auf der Internationalen Raumstation ISS. Laut Reiter sollte das DLR ein Strategiepapier für die nächsten 15 bis 20 Jahre entwickeln, das dann als Grundlage für ein Nachfolgeprogramm dienen könnte.
Workshop-Mitorganisator Gregor Morfill, Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, zeigte grob die Perspektiven für Grundlagenforschung im Weltraum auf. "Wir kennen 17 Naturkonstanten. Kann man sie vielleicht auf eine reduzieren? Und sind diese Konstanten wirklich konstant?", nannte der Physiker
einige Beispiele für bislang ungelöste Fragen. "Einige dieser Grundlagenthemen sind jetzt gerade in einer aufregenden Phase, in der sich ein wichtiger Umbruch andeutet", sagte Morfill. Deutsche Wissenschaftler seien
dabei gut platziert und würden auf vielen Gebieten in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen. "Erforderlich ist jetzt der politische Wille und die Durchsetzungskraft für eine nachhaltige nationale Strategie."
In acht Sessions schilderten Wissenschaftler von Max-Planck-Instituten, Universitäten und Forschungseinrichtungen ihre Projekte und Ideen. Von der Jagd nach der Dunklen Energie über die Untersuchung universeller kritischer Phänomene bis hin zu Experimenten mit sogenannter weicher Materie oder dem Studium quantenmechanischer und relativistischer Effekte reichte das Spektrum. An Visionen scheint es jedenfalls nicht zu fehlen.
So zog Gregor Morfill denn auch eine positive Bilanz: "Das Symposium hat gezeigt, dass Deutschland voller Ideenreichtum ist. Aber mehr noch, dass deutsche Wissenschaftler auch das Können haben, viele der wirklich grundlegenden noch ausstehenden Fragen der Physik, der Astronomie und der Materialforschung mit innovativen Methoden zu erforschen."
Aber nach dem Wollen und Können müsse das Machen folgen. "Dazu brauchen wir eine starke Weltraumindustrie, die sich auch für die Herausforderungen und Anforderungen der Wissenschaft begeistert, und eine politische Strategie, die vielen exzellenten Ansätze nachhaltig so zu fördern, dass wir auch die Früchte selber ernten können."
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